6.1.7. Moleküle mit linearer Geometrie

Wie kommt es dazu ?

Es gibt 2 Möglichkeiten, wie Moleküle mit linearer Geometrie entstehen können. Die erste ist bei weitem die häufigste, die zweite tritt nur selten auf.

erste Möglichkeit

In der Valenzschale eines Atoms befinden sich nur 2 Elektronenpaare. Dies erscheint auf den ersten Blick ungewöhnlich. Bedenken Sie aber, dass beim VSEPR–Modell die beiden Bindungen einer Doppelbindung nur einfach gezählt werden. Es kann also so sein, dass vom Zentralatom 2 Doppelbindungen zu den beiden Liganden ausgehen. Es sind keine freien (einsamen) Elektronenpaare vorhanden.

Nach dem VSEPR–Modell stoßen sich die beiden Elektronenpaare ab. Sie versuchen, sich möglichst weit voneinander zu entfernen und ordnen sich gegenüber vom Zentralatom an. Das Molekül ist linear. Wir nennen diese Anordnung den AL2–Molekültyp.

Natürlich sind die beiden Liganden äquivalent. Die beiden Bindungen schließen einen Winkel von 180° ein.

Ansehen : Starten Sie die JSmol–Visualisierung durch Anklicken des Links unter Bild 1. Betrachten Sie das Molekül aus verschiedenen Richtungen. Es ist sehr übersichtlich.

Beispiele

Moleküle vom Typ AL2 sind nicht allzu häufig.
Im Projekt sind zu finden :

zweite Möglichkeit

Wie kommt es dazu ?

Von einem Atom gehen 2 Bindungen aus. Das Atom hat 3 freie (einsame) Elektronenpaare.

Nach dem VSEPR–Modell stoßen sich die 5 Elektronenpaare ab. Sie versuchen, sich möglichst weit voneinander zu entfernen und ordnen sich daher in den Ecken einer trigonalen Bipyramide an. 2 Ecken der trigonalen Bipyramide werden von den beiden Bindungselektronenpaaren besetzt, die anderen 3 von den einsamen Elektronenpaaren.

Das Molekül (und damit meinen wir das Zentralatom und seine 2 Liganden, nicht aber die einsamen Elektronenpaare) nehmen eine lineare Form an. Wir nennen diese Anordnung den AL2E3–Molekültyp.

Molekülgeometrie des AL2E3-Typs
Bild 2 : AL2E3–Geometrie interaktiv

Ansehen : Starten Sie die JSmol–Visualisierung durch Anklicken des Links unter Bild 2. Betrachten Sie das Molekül aus verschiedenen Richtungen und blenden Sie in 3 Schritten die trigonale Bipyramide ein und wieder aus.

Was wissen wir über die Liganden ?

Molekül mit Struktur einer trigonalen Bipyramide Molekül mit Struktur einer trigonalen Bipyramide

Bild 3 : Nur zum Vergleich nochmal die Geometrie
der trigonalen Bipyramide,
erst liegend, dann stehend.
Die axialen Bindungen sind blau,
die äquatorialen rot.

Gehen wir von der trigonalen Bipyramide aus, aus der ja diese Variante der linearen Geometrie hervorgegangen ist. Dort gibt es 5 Liganden. Es sind 2 axiale, die zu ihren 3 Nachbarn einen Winkel von 90° bilden. Und es gibt 3 äquatoriale Liganden, von denen jeder 4 Nachbarn hat : 2 axiale in einem Winkel von 90° und 2 äquatoriale in einem Winkel von 120°. Sie sehen diese Situation in Bild 3.

Bei der linearen Geometrie besetzen die 3 einsamen Elektronenpaare die 3 äquatorialen Positionen. Warum äquatoriale und keine axialen ? Sie brauchen mehr Platz als Bindungselektronenpaare (vergleiche dazu meine Beschreibung des VSEPR–Modells). Und die äquatorialen Positionen bieten mehr Platz. Die Winkel zu den Nachbarn betragen 120° und 90°.

Molekülgeometrie des AL2E3-Typs
Bild 4 : AL2E3–Geometrie interaktiv

Ansehen : Starten Sie die JSmol–Visualisierung durch Anklicken des Links unter Bild 4. Mit dem Knopf „Markieren” können Sie die axialen Bindungen blau und die äquatorialen Bindungen rot färben.

Beispiele

Moleküle vom Typ AL2E3 sind sehr selten. Warum ?

Das Zentralatom ist von 5 Elektronenpaaren, also 10 Elektronen umgeben. Wo kommen die her ? Ein Ligand bringt in der Regel ein Elektron mit, sind zusammen 2 Elektronen. Für die anderen 8 Elektronen muss das Zentralatom selber sorgen. Da fallen einem natürlich sofort die Edelgase ein. Eine zweite Möglichkeit geht von einem Halogenatom aus, das ja schon 7 Valenzelektronen hat. Bekommt es ein zusätzliches Elektron, bildet sich ein einfach negativ geladenes Halogen–Anion mit 8 Elektronen. Wenn an dieses Anion 2 weitere Atome gebunden sind, hat das entstehende Ion die AL2E3–Geometrie. Andere Beispiele kenne ich nicht. Villeicht gibt es keine weiteren.

Im folgenden stelle ich kurz 2 Stoffe mit der linearen AL2E3–Geometrie vor. Sie ist halt wirklich selten.

 

Xenondifluorid-Molekül

Bild 5 : Xenondifluorid–Molekül

Xenondifluorid XeF2

Das Xe–Atom steuert als Zentralatom 8 Valenzelektronen bei, jedes der beiden F–Atome eines. Insgesamt sind es also 10 Elektronen, die sich in Form einer trigonalen Bipyramide um das Zentralatom Xe anordnen.

physikalische Eigenschaften

  • bildet farblose Kristalle
  • Schmelzpunkt : 129 °C
  • Sublimationspunkt : 120 °C
  • Dichte bei 20 °C : 4,32 g/cm3
  • CAS-Nr. : 13709–36–9

Literatur : L–201

Kryptondifluorid KrF2

Das Kryptondifluorid–Molekül hat dieselbe Zahl von Liganden und Elektronenpaaren wie das Xenondifluorid–Molekül und damit natürlich auch dieselbe Geometrie.

Xenondifluorid und Kryptondifluorid sind die einzigen Edelgasdifluoride.

 

 

Triiodid–Ion

Bild 6 : Triiodid–Ion

Triiodid–Ion I3

Es gibt zwar nur sehr wenige Stoffe mit der AL2E3–Geometrie, mit einem davon werden aber viele im Chemieunterricht schon gearbeitet haben – es ist das Triiodid–Ion I3. Um Stärke, zum Beispiel in Brot oder Kartoffeln, nachzuweisen, benutzt man eine Lösung von Kaliumtriiodid (sie heißt auch Iod–Iodkalium–Lösung oder nach ihrem Erfinder Lugolsche Lösung). Iod selbst, dass das eigentliche Nachweisreagenz ist, löst sich in Wasser nur sehr wenig. Um eine Lösung mit einem hohen Iodgehalt zu erreichen, löst man Iod in einer Kaliumiodid–Lösung und erhält so die Kaliumtriiodid–Lösung. Hier steht das das Triiodid–Ion mit Iod und dem Iodid–Ion im Gleichgewicht nach der Gleichung

I3 ⇄ I2 + I

Das Zentralatom ist Iod (natürlich das mittlere der 3). Es hat 7 Valenzelektronen, dazu kommt ein Elektron durch die negative Ladung des Ions. Die beiden Liganden sind ebenfalls Iod, die je ein Elektronen beisteuern. Insgesamt hat man also 10 Elektronen.

Literatur : L–202

 

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