Feste Stoffe, die den elektrischen Strom leiten, kennen wir. Es sind die Metalle und Graphit. Dass Salze den elektrischen Strom leiten, wissen wir. Sie müssen dazu aber gelöst oder flüssig (geschmolzen) sein. Ionenleiter sind etwas anderes.
Ionenleiter sind Salze, die in festem Zustand den Strom leiten.
Man nennt sie daher auch Festelektrolyten oder Festkörperelektrolyten, im Englischen ionic conductors.
Haben Sie eine vergleichsweise hohe Leitfähigkeit, heißen sie fast ion conductors (schnelle Ionenleiter) oder superionic conductors. In erster Linie um diese geht es auf dieser Seite.
Was erfahren Sie auf dieser und den folgenden Seiten über Ionenleitung ?
In Metallen sind Elektronen die Träger der elektrischen Ladung. In Ionenleitern ist das anders. Dort sind (positiv oder negativ geladene) Ionen die Ladungsträger.
In gelösten oder flüssigen Salzen sind Ionen die Ladungsträger. Beim Stromfluss reagieren sie. Das heißt, sie nehmen Elektronen auf oder geben sie ab. Sie verändern sich dadurch und werden verbraucht. In Ionenleitern ist das anders. Die Ionen bewegen sich durch den Leiter, ohne sich dabei zu verändern.
In Ionenleitern sind also Ionen die Ladungsträger. Sie verändern sich nicht beim Stromfluss und reagieren auch nicht.
Bild 1 : Ob das wohl was wird ? In einen gewöhnlichen Stromkreis wurde ein Ionenleiter eingebaut. Ob Strom fließt, kommt auf die Art des Ionenleiters an und, wichtiger noch, auf das Material, aus dem der Stromkreis besteht. Beispiele finden Sie weiter unten.
Können in Ionenleitern auch Elektronen fließen ? In jedem Stoff, auch im besten Isolator, fließen Elektronen. Vergleichen Sie dazu die Tabelle der Leitfähigkeiten. Auch in Ionenleitern findet also der klassische Stromfluss statt. Jedoch benutzt man in allen Anwendungen der Ionenleitung Stoffe, die möglichst gute Ionenleiter und möglichst schlechte Elektronenleiter sind.
Finden bei der Ionenleitung wirklich keine Veränderungen und Reaktionen statt ? Im Innern des Ionenleiters ist das so. Dort reagiert nichts. An den Grenzflächen des Ionenleiters können sehr wohl Reaktionen stattfinden. Viele Anwendungen beruhen gerade darauf.
Dass sich Elektronen durch ein Stück Metall bewegen können, sehen wir leicht ein. Sie sind winzig im Vergleich zu den Metallatomen und werden schon irgendwie durch das Gitter der Atome passen. Dass sich Ionen in Salzlösungen bewegen können, sehen wir genauso leicht ein. Die Teilchen der Flüssigkeit sind immer in Bewegung, da können die Ionen wie ein Fisch im Wasser hindurchschwimmen. Aber wie sollen sich große Ionen durch einen massiven Festkörper bewegen ?
Lücken und Freiräume in der Kristallstruktur sind Voraussetzungen für Ionenleiter. Je mehr es sind, umso besser die Leitfähigkeit.
Habe ich Sie da wieder auf eine falsche Fährte geführt ? Eben habe ich das Wort massiv gebraucht. Wäre der Festkörper wirklich massiv, das heißt (im Sinn einer dichtesten Kugelpackung) völlig mit Materie gefüllt, könnten sich kaum Ionen darin bewegen. Lücken und Freiräume in großer Zahl in der Kristallstruktur sind eine wesentliche Voraussetzung dafür, dass ein Stoff ein guter Ionenleiter ist.
Für alle Ionenleiter, schnelle wie langsame, gibt es 2 Mechanismen der Ionenbewegung im Festkörper, die ich im Folgenden beschreibe.
In einem Kristall bilden positive und negative Ionen ein Gitter. Zwischen den Ionen ist aber immer noch Platz. Zum Beispiel können tetraedrische oder oktaedrische Lücken gar nicht oder nur zum Teil besetzt sein. Es kann auch sein, dass die Ionen keine dichteste Kugelpackung bilden, sondern eine eher lockere Packung. Dann sind noch viel mehr und größere Lücken vorhanden. In all diesen Lücken (man nennt sie Zwischengitterplätze) können sich kleine Ionen fortbewegen, und es findet Ionenleitung statt. Bild 2 zeigt schematisch, wie sich Ionen über Zwischengitterplätze bewegen können.
Einige Gegebenheiten, die Ionenleitung über Zwischengitterplätze begünstigen, zähle ich hier auf.
Bild 2 : schematische Darstellung eines Kristalls aus kleinen positiven (blau) und großen negativen Ionen (orange). Die Kationen können sich über Zwischengitterplätze durch den Kristall bewegen.
In einem Kristall bilden positive und negative Ionen ein Gitter. Es sind aber nicht alle Plätze des Gitters von Ionen besetzt. Das kann aus verschiedenen Gründen geschehen, zum Beispiel könnten nicht genug Ionen der einen Sorte vorhanden sein. Die freien Plätze im Gitter (man nennt sie Fehlstellen) bieten Ionen genug Raum, um sich darin fortzubewegen, und es findet Ionenleitung statt. Bild 3 zeigt schematisch, wie sich Ionen über Fehlstellen bewegen können.
Einige Gegebenheiten, die Ionenleitung über Fehlstellen begünstigen, zähle ich hier auf.
Eine JSmolVisualisierung der Ionenleitung über Fehlstellen könne Sie am Beispiel von Lithiumnitrid ansehen.
Bild 3 : schematische Darstellung eines Kristalls aus kleinen positiven (blau) und großen negativen Ionen (orange). Die Kationen können sich über Fehlstellen durch den Kristall bewegen.
Schnelle Ionenleiter haben viele Fehlstellen oder Zwischengitterplätze.
Fehlstellen und freie Zwischengitterplätze, in Gruppen, Kanälen oder Schichten wie die Parkhausebenen sind nur eine notwendige Voraussetzung zur Ionenleitung. Die Frage stellt sich, warum die Ionen sich durch diesen Freiraum bewegen sollten, anstatt ruhig auf ihrem Platz zu bleiben. Nur so ? Das reicht nicht als Argument. Es muss einen Grund für die Ionenbewegung geben, und der heißt Energiezufuhr.
Die Energie kann natürlich als thermische Energie zugeführt werden. Die thermischen Schwingungen der Ionen werden immer größer und schließlich so groß, dass sich die Ionen von ihrem Platz wegbewegen. Sie werden dies in zufällige Richtungen tun. Eine Ionenleitung kommt so nicht zustande.
Bild 4 : Der Stromkreis besteht aus Silberdraht, damit der Nachschub von Silberionen gewährleistet ist. Am Punkt 1 findet nun die Reaktion Ag → Ag+ + e statt. Die Silberionen können durch den Ionenleiter alphaSilberiodid fließen und reagieren am Punkt 2 mit den ankommenden Elektronen wieder zu Silberatomen gemäß Ag+ + e → Ag.
Geschickter ist also die Zufuhr von elektrischer Energie. Durch Anlegen einer Spannung, Bereitstellung von Ionen auf der einen Seite des Ionenleiters und Ableitung der Ionen auf der anderen Seite erreicht man Ionenleitung. Bild 4 illustriert die Vorgänge im Detail.
Damit ist auch klar, dass die Ionenleitfähigkeit mit steigender Temperatur zunimmt.
Wie groß ist die Leitfähigkeit eines Ionenleiters eigentlich ? Kann man sie mit der Leitfähigkeit in Salzlösungen oder mit der in Metallen vergleichen ?
In diesem Absatz will ich einige Werte für die spezifische Leitfähigkeit von Ionenleitern und anderen Leitern als Tabelle und als Graphik angeben.
Stoff | Temperatur in °C | spezifische Leitfähigkeit in 1 / Ohm*cm |
Art des Leiters |
---|---|---|---|
Kupfer | 20 | 5,81⋅105 | guter metallischer Leiter |
Mangan | 20 | 6,9⋅103 | schlechter metallischer Leiter |
Germanium | 25 | 0,02 | Halbleiter |
Meerwasser | 25 | ca. 0,05 | Elektrolyt (3 %ige Salzlösung) |
Salzsäure 10 % | 25 | 0,7 | Elektrolyt |
RbAg4I5 | 20 | 0,27 | bester Ionenleiter bei 20° |
Lithiumnitrid, Li3N | 20 | 0,01 | Ionenleiter |
αSilberiodid, AgI | 148 | 1,3 | Ionenleiter |
ZrO2, dotiert mit ca. 10 % Y2O3 | 750 | bis 0,055 | Ionenleiter |
βAluminiumoxid | 1000 | 0,032 | Ionenleiter |
Bild 5 : Gute Ionenleiter (gelbe Kreise) haben eine Leitfähigkeit, die in ihrer Größenordnung vergleichbar ist mit der von Elektrolytlösungen und Halbleitern (orangerote Kreise, links). Metallische Leiter haben eine wesentlich höhere Leitfähigkeit.
Während in schnellen Ionenleitern die Ionenleitung über die oben beschriebenen Vorgänge stattfindet, läuft sie bei den übrigen (langsamen) Ionenleitern nur über Frenkel und SchottkyMechanismen ab.
Alle Bilder dieser Seite : Lizenz CCBYSA4.0. Bildnachweis und Lizenzinfo.
Text : Lizenz CCBYSA4.0. Lizenzinfo.
Impressum Datenschutzerklärung