22.4.10. Die Kristallstruktur von Schwefel

Natürlich vorkommender Schwefel besteht aus ringförmig aufgebauten Molekülen, die aus 8 Schwefelatomen zusammengesetzt sind. Er heißt cyclo–Octaschwefel.

Die Moleküle des cyclo–Octaschwefel können sich auf 2 Arten zu Kristallen zusammenlagern. Es können sich Kristalle mit rhombischer und solche mit monokliner Struktur bilden.

Schwefelkristalle

Bild 1 : Kristalle von käuflichem rhombischen Schwefel.

22.4.10.1. Rhombisch und monoklin – wo ist der Unterschied ?

Die cyclo–Octaschwefel–Moleküle sind im rhombischen und im monoklinen Schwefel unterschiedlich gepackt.

Als Konsequenz haben rhombischer und monokliner Schwefel unterschiedliche Eigenschaften. Im rhombischen Schwefel sind die Moleküle etwas dichter gepackt; daher hat er eine etwas höhere Dichte. Auch die anderen physikalischen Eigenschaften unterscheiden sich.

22.4.10.2. Rhombischer Schwefel

Es ist wirklich nicht einfach, die sperrigen, kronenförmigen Moleküle des cyclo–Octaschwefels platzsparend zusammenzupacken. Im folgenden werden wir in 4 Schritten einen kleinen Ausschnitt eines Kristalls des rhombischen Schwefels aufbauen. Er umfasst 2 Elementarzellen.

Zu jedem Schritt gehört eines der Bilder auf der linken Seite, das einen Ausschnitt aus der JSmol–Visualisierung zeigt, dann die Visualisierung selbst, die Sie durch Anklicken des Links unter dem Bild starten können, und schließlich der Text rechts.

2 Moleküle des rhombischen Schwefels

Bild 2 : 2 Moleküle des rhombischen Schwefels

rhombischer Schwefel interaktiv

Erster Schritt

Im ersten Schritt der JSmol–Visualisierung sind 2 Moleküle zu sehen. Bild 2 zeigt sie. Sie haben die gleiche Orientierung im Raum, sind aber in Blickrichtung versetzt.

Starten Sie die JSmol–Visualisierung, indem Sie den Link unter dem Bild links anklicken. Sie sehen die beiden Moleküle in einer Kugel–Stab–Darstellung. Sie können zum Kalottenmodell wechseln, das Ihnen die Raumerfüllung der Moleküle deutlicher zeigt, und Sie können die beiden Moleküle aus verschiedenen Richtungen ansehen. Bringen Sie dann die Moleküle mit dem passenden Knopf wieder in die Ausgangsstellung.

 

8 Moleküle des rhombischen Schwefels

Bild 3 : 8 Moleküle des rhombischen Schwefels in gleicher Orientierung

rhombischer Schwefel interaktiv

Zweiter Schritt

In einem Kristall sind die kleinsten Teilchen (hier sind es cyclo–Octaschwefel–Moleküle) regelmäßig in allen Richtungen angeordnet. Erzeugen wir also durch Verschiebung in 2 Richtungen (die senkrecht aufeinander stehen, denn die Kristalle sind ja rhombisch) 6 weitere Moleküle, um eine bessere Vorstellung dieser regelmäßigen Wiederholung zu bekommen. Natürlich haben alle bis jetzt erzeugten Moleküle dieselbe Orientierung im Raum.

In einer frisch gestarteten JSmol–Visualisierung mit 2 Molekülen sollten Sie den Knopf „Kristall aufbauen” einmal drücken. Nun sind die 8 Moleküle zu sehen (Bild 3). Betrachten Sie sie im Kugel–Stab–Modell und im Kalottenmodell. Betrachten Sie sie aus verschiedenen Richtungen, darunter der Ausgangsstellung und der „Richtung 1”, um ein Gefühl für den Aufbau und die langsam wachsende Raumerfüllung des Kristalls zu bekommen. Bevor Sie zum nächsten Schritt übergehen, empfehle ich, das Ensemble aus 8 Molekülen wieder in die Ausgangsstellung zu bringen.

 

4 Moleküle des rhombischen Schwefels

Bild 4 : 4 Moleküle des rhombischen Schwefels

16 Moleküle des rhombischen Schwefels

Bild 5 : 16 Moleküle des rhombischen Schwefels

rhombischer Schwefel interaktiv

Dritter Schritt

Haben Sie in einer frisch gestarteten oder in die Ausgangsstellung gebrachten JSmol–Visualisierung den Knopf „Kristall aufbauen” zweimal gedrückt, sehen Sie 16 Moleküle. 8 haben gelbe Atome, die anderen 8 haben orange Atome. Es sind alles Schwefelatome. Sie sind verschieden gefärbt, um Ihnen die Unterscheidung der 8 Moleküle aus den ersten beiden Schritten und der 8 neu hinzugekommenen Moleküle zu ermöglichen.

Wie unterscheiden sich die 8 „alten” von den 8 „neuen” Molekülen ? Im ersten Moment könnte man an eine Spiegelung (an einer Ebene, die senkrecht auf dem Bildschirm steht) denken. Es steckt aber mehr dahinter. Neben der Spiegelung findet noch eine Verschiebung in Blickrichtung statt, so dass die alten und die neuen Moleküle verzahnt sind. Sie sehen dies besonders deutlich, wenn Sie das Ensemble aus nunmehr 16 Molekülen aus Richtung 3 betrachten.
Daneben ist zu bedenken, dass die Moleküle nicht in der Bildschirmebene liegen. Daher sind die alten (gelben) Moleküle nicht parallel zu den neuen (orangen), sondern in 2 Raumrichtungen verschwenkt. Als Konsequenz stehen die Moleküle der beiden Gruppen senkrecht aufeinander. Betrachten Sie das Ensemble aus den Richtungen 1 und 2, um sich dies klar zu machen.

Betrachten Sie die Modelle neben dem Kugel–Stab–Modell auch im Kalottenmodell, um die Raumerfüllung zu sehen.

Bild 4 zeigt 4 Moleküle des rhombischen Schwefels. Es sind 2 Moleküle mit gelben Atomen (wie in Bild 2), dazu 2 Moleküle mit orange gefärbten Atomen, die mit ersten beiden verzahnt sind. Bild 5 zeigt, analog zu Bild 3, 16 Moleküle.

 

8 Moleküle des rhombischen Schwefels

Bild 6 : 8 Moleküle des rhombischen Schwefels

32 Moleküle des rhombischen Schwefels

Bild 7 : 32 Moleküle des rhombischen Schwefels

rhombischer Schwefel interaktiv

Vierter Schritt

Nochmals sind 16 Moleküle hinzugekommen, die orangerot gefärbt sind. Insgesamt sind nun also 32 Moleküle vorhanden, wir haben einen Kristallausschnitt von 2 (nicht 4 !) Elementarzellen erzeugt.

Man kann 4 Vierergruppen von Molekülen unterscheiden (die gelben und die orangen bilden je eine, die orangeroten 2 Gruppen). In allen 4 Gruppen haben die Moleküle untereinander die gleiche Richtung, sind aber gegenüber den anderen Gruppen in immer andere Richtungen gekippt und verschwenkt.

Starten Sie die JSmol–Visualisierung, drücken Sie den Knopf „Kristall aufbauen” dreimal, um das vollständige Ensemble zu erzeugen, und untersuchen Sie es genau. Betrachten Sie es in allen Darstellungen und aus allen Richtungen. Sicher wird Ihnen dann klar, warum man die Packung der Schwefelmoleküle mit einer Kurbelwelle verglichen hat, und warum es nur 2 Elementarzellen sind.
Wenn Sie mögen, können Sie auch die Weisheit der Natur erkennen, die das doch eher unbedeutende Problem der Packung von Molekülen mit einer Perfektion gelöst hat, die uns Menschen kaum möglich ist.

Bild 6 zeigt 8 Moleküle des rhombischen Schwefels. Es sind 2 Moleküle mit gelben Atomen und 2 Moleküle mit orange gefärbten Atomen (wie in Bild 4), dazu 4 orangerot gefärbte Moleküle, die mit anderen 4 verzahnt sind. Bild 7 zeigt, analog zu Bild 5, 32 Moleküle.

 

22.4.10.3. Monokliner Schwefel

Bei erhöhter Temperatur (bei Normaldruck über 95,6 °C) ist genug Energie vorhanden, damit sich die cyclo–Octaschwefel–Moleküle auf eine noch weniger platzsparende Art als im rhombischen Schwefel packen. In einer JSmol–Visualisierung zeigen wir einen „Kristall” aus 16 Schwefelmolekülen. Zur besseren Unterscheidung sind die Moleküle in 4 verschiedenen Gelb– und Orangetönen gefärbt. Starten Sie die JSmol–Visualisierung durch Anklicken des Links unter Bild 8. Betrachten Sie die Moleküle aus verschiedenen Richtungen, um die ineinander verschachtelte Anordnung gut zu erkennen. Betrachten Sie die Moleküle in der Kalottendarstellung, um die Raumerfüllung zu sehen. Blenden Sie die Elementarzelle ein und aus.

Kristallstruktur des monoklinen Schwefels

Bild 8 : 16 Moleküle des monoklinen Schwefels

monokliner Schwefel interaktiv

Dreht man die Szene aus Bild 8, erhält man eine Ansicht, die übersichtlicher scheint. Sie sehen sie in Bild 9. Schnell erkennt man, dass es wirklich 16 Moleküle sind (dort, wo Sie Moleküle von oben sehen, sind immer 2 Stück hintereinander). Leicht erkennt man, dass sich die Moleküle in 4 Gruppen einteilen lassen. Und sicher genauso schnell und einfach sehen Sie, dass monokliner Schwefel wirklich eine komplexe Struktur hat.

Kristallstruktur des monoklinen Schwefels

Bild 9 : 16 Moleküle des monoklinen Schwefels

Literatur
Infobereich

Alle Bilder dieser Seite : Lizenz CC–BY–SA–4.0. Bildnachweis und Lizenzinfo.
Text : Lizenz CC–BY–SA–4.0. Lizenzinfo.

 

 

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