7.1.3. Elementarzelle und Atompositionen

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Eine gängige Methode, Kristallstrukturen zu beschreiben, ist, die Abmessungen der Elementarzelle und die Positionen aller Atome oder Ionen in einer Elementarzelle anzugeben.

7.1.3.1. Was ist eine Elementarzelle ?

Plan einer Elementarzelle

Bild 1 : Zweidimensionales Modell einer Kristallstruktur mit Elementarzelle.

Eine Elementarzelle ist die kleinste räumliche Einheit, aus der man durch vielfache Wiederholung in alle 3 Richtungen des Raumes den gesamten Kristall aufbauen kann. Bei einfachen anorganischen Stoffen umfasst sie oft nur eine Handvoll Atome oder Ionen, kann aber bei komplexen Verbindungen über 100 Atome enthalten. Ist der Stoff aus Molekülen aufgebaut, enthält die Elementarzelle in der Regel nur wenige Moleküle.

Bild 1 zeigt ein zweidimensionales Modell (weil es übersichtlicher ist) einer Kristallstruktur mit einer „Elementarzelle”. Sie hat das Kennzeichen A.

Eigenschaften von Elementarzellen (Exkurs). – Wie findet man die Elementarzelle einer Kristallstruktur ? Wie unterscheidet man eine echte Elementarzelle von ähnlich aussehenden räumlichen Einheiten, die aber keine Elementarzellen sind ? Ist eine Elementarzelle eindeutig zu bestimmen ? Das sind interessante Fragen, die aber bei der Beschreibung von Kristallstrukturen nicht jeder und jede selbst beantworten muss. Wir können uns darauf verlassen, dass andere diese Arbeit gemacht haben. Deshalb habe ich die Antwort auf die Fragen von oben in einen Exkurs verlagert.

Form einer Elementarzelle

Bild 2 : Form einer Elementarzelle. Mehr Info im Text.

Form von Elementarzellen. – Elementarzellen real existierender Kristalle sind immer nach demselben Schema aufgebaut. Es sind geometrische Körper, die von 6 Flächen begrenzt werden. Alle 6 Flächen sind Parallelogramme. Jeweils 2 davon (vorn – hinten, rechts – links, oben – unten) sind parallel, außerdem haben sie dieselben Kantenlängen und Winkel, das heißt, sie sind kongruent. Man kann es auch anders formulieren : Die Elementarzelle besteht aus 3 Paaren kongruenter, paralleler Parallelogramme. Einen solchen Körper nennt man Parallelepiped.

Die Parallelogramme müssen keine Rauten (Rhomben) sein. Sie können unterschiedliche, aber natürlich auch gleiche Seitenlängen haben. Die Winkel zwischen den Seiten der Parallelogramme können 90° betragen, sie können aber auch andere Werte annehmen.

Bild 2 illustriert eine solche allgemeine Elementarzelle. Sie besitzt Seiten mit den Längen a, b und c. Jede der 3 Seitenlängen kommt 4 mal vor. Die Winkel zwischen den Seiten bezeichnet man mit α (Winkel zwischen b und c), β (zwischen a und c) und γ.

Beispiel Natriumchlorid
Elementarzelle von Natriumchlorid (NaCl)
a = 564,0 pm
b = 564,0 pm
c = 564,0 pm
α = 90°
β = 90°
γ = 90°

Beim Natriumchlorid (NaCl) haben alle Kanten die gleiche Länge, und alle Winkel haben dieselbe Größe von 90°. Die Elementarzelle ist also ein Würfel. Man nennt sie deshalb auch kubisch. Ihre Daten finden Sie in der Tabelle.

Im Natriumchlorid–Strukturtyp kristallisieren viele Stoffe. Alle haben mit dem Natriumchlorid gemein, dass ihre Elementarzelle ein Würfel ist. Der Unterschied liegt in der Größe des Würfels. So kristallisiert zum Beispiel auch Kaliumbromid (KBr) im Natriumchlorid–Strukturtyp. Weil aber die Kalium–Ionen größer sind als die Natrium–Ionen und ebenso die Brom–Ionen größer als die Chlor–Ionen, ist auch die Elementarzelle von Kaliumbromid größer als die von Natriumchlorid. Ihre Kantenlänge beträgt a = 660,0 pm.

 

Beispiel Rutil
Elementarzelle von Rutil (TiO2)
a = 459,4 pm
b = 459,4 pm
c = 295,9 pm
α = 90°
β = 90°
γ = 90°

Beim Rutil (TiO2) haben 2 Kanten die gleiche Länge, die dritte ist kürzer. 2 Begrenzungsflächen der Elementarzelle sind also Quadrate, die anderen 4 sind Rechtecke. Weil auch alle Winkel dieselbe Größe von 90° haben, ist die Elementarzelle ein Quader mit quadratischen Seitenflächen. Man nennt ihre Form tetragonal. Ihre Daten finden Sie in der Tabelle.

Auch im Rutil–Strukturtyp kristallisieren viele Stoffe. Wieder haben alle gemeinsam, dass ihre Elementarzelle tetragonal ist. Natürlich unterscheiden sich die Elementarzellen der einzelnen Stoffe des Rutil–Typs in ihrer Größe, entsprechend der Größe der beteiligten Ionen. Hier und bei vielen anderen Typen von Elementarzellen kommt aber noch etwas hinzu.

Bezogen auf die Abmessungen der Elementarzelle ist es so, dass bei den Stoffen, die den gleichen Strukturtyp haben, die Winkel gleich sein müssen, ebenso die Verhältnisse der Kantenlängen. Dabei sind kleine Abweichungen erlaubt. Beim Rutil selbst ist die Länge der Kanten a und b etwa anderthalb mal so groß wie die Länge der Kante c. Das genaue Längenverhältnis ist c/a = 1,55. Wenn bei anderen Stoffen dieses Verhältnis nur wenig abweicht (vielleicht zwischen 1,50 und 1,60 liegt, oder so) und auch die Atome oder Ionen an den gleichen Plätzen sind, wird man sie auch zum Rutil–Typ zählen.

Wichtiger als Zahlenwerte ist aber die Symmetrie. Um zum Rutil–Typ zu gehören, müssen alle Winkel exakt 90° betragen, und die Seiten a und b müssen exakt die gleiche Länge haben. Hat zum Beispiel ein Winkel einen Wert von nur 89°, ist die Elementarzelle kein symmetrischer Quader mehr, sondern ein, wenn auch nur wenig, schiefer Körper, dem Symmetrien fehlen (einige Drehachsen). Unterscheiden sich die Längen a und b um mehr als die Messgenauigkeit, ist die Elementarzelle nicht mehr tetragonal. Wieder sind Symmetrien verloren gegangen, und man kann solche Stoffe nicht mehr zum Rutil–Typ zählen.

 

7.1.3.2. Exkurs : Eigenschaften von Elementarzellen

Plan einer Elementarzelle

Bild 3 : Nur Quadrat A ist eine Elemen­tar­zelle des Musters. Mehr Info im Text.

Plan einer Elementarzelle

Bild 4 : Aus dem Quadrat A kann man das gesamte Muster der Fläche aufbauen.

Ist es eine Elementarzelle oder nicht ? – Bild 3 illustriert die Definition der Elementarzelle aus dem vorigen Absatz an einem zweidimensionalen Modell (weil es übersichtlicher ist). Das Modell enthält 2 Arten von Atomen, die orange und blau gezeichnet sind. Quadrat B ist die kleinste Einheit, die beide Atomsorten enthält, aber man kann daraus nicht die gesamte Fläche aufbauen. Würde man ein zweites Quadrat B an die rechte Seite des ersten legen, wäre es anders aufgebaut als das erste. Es hätte links oben ein orangefarbenes Atom, und nicht wie beim ersten Quadrat, ein blaues.

Ähnlich kann man bei den Flächen C und D argumentieren. Legt man eine Fläche C rechts oder links an die vorhandene, wiederholt sich das Muster der Atome, nicht aber in senkrechter Richtung. Bei Fläche D wiederholt sich das Muster schräg nach oben, aber nicht in anderen Richtungen.

Nur Quadrat A ist eine Elementarzelle der Atomanordnung von Bild 3. In Bild 4 ist gezeigt, wie man durch Aneinanderreihung des Quadrats das gesamte Muster aufbauen kann.

Ist die Elementarzelle eindeutig ? – Nein. Bild 5 zeigt 6 kleine Flächen, aus denen man durch wiederholte Aneinanderreihung die Gesamtfläche aufbauen kann. Alle kann man mit Recht Elementarzelle nennen. Pragmatisch, um möglichst chaosfrei mit den Fachkolleginnen und –kollegen kommunizieren zu können, hat man Regeln aufgestellt, wie denn eine Elementarzelle aussehen sollte, mit der man praktisch arbeiten kann. Jedoch werden diese Regeln nicht streng eingehalten, schon deshalb, weil sie sich zum Teil widersprechen. Eine historisch gewachsene Wahl gewinnt manchmal gegenüber einer begründeten.

 

mehrere denkbare Elementarzellen

Bild 5 : Auswahl von 6 denkbaren Elementarzellen. Mehr Info im Text.

Eine Elementarzelle sollte

Betrachten wir nun einige der denkbaren Elementarzelle in Bild 5.

7.1.3.3. Kristallkoordinaten

In der Schule haben wir ein Koordinatensystem kennen gelernt, bei dem die 2 oder 3 Achsen senkrecht aufeinander stehen, und bei dem auf jeder Achse die Maßeinheiten gleich lang sind. Dieses Koordinatensystem heißt nach seinem Erfinder, dem französischen Denker René Descartes, kartesisches System. Für die Arbeit mit Elementarzellen taugt es nicht viel.

Elementarzelle mit Koordinaten eines Punkts

Bild 6 : Elementarzelle mit den Achsen a, b und c, und mit einem Punkt mit den Koordinaten (0,5/0,8/0,623).

Hier benutzt man ein Koordinatensystem, bei dem die 3 Achsen die Winkel α, β und γ aus Bild 2 einschließen. Die Achsen heißen auch nicht mehr x–, y– und z–Achse, sondern a–, b– und c–Achse. In Zeichnungen weist die a–Achse oft nach rechts, die b–Achse nach hinten und die c–Achse nach oben.

Die Längeneinheit ist auch nicht mehr auf allen 3 Achsen gleich. Statt dessen ist die Länge der Einheit (also die „1”) auf der a–Achse genau die Länge der Kante a der Elementarzelle. Und genauso haben die Kanten b und c im neuen Koordinatensystem gerade die Länge 1.

Dieser Trick erleichtert die Arbeit mit Elementarzellen ganz entscheidend. Liegt ein Atom zum Beispiel auf der Mitte der a–Achse, hat es die a–Koordinate 0,5, ganz egal, wie lang diese Achse ist.

Bild 6 illustriert die Situation. Dort ist der Punkt P(0,5/0,8/0,62) eingezeichnet. Es ist nun egal, welche Längen die Kanten und welche Werte die Winkel der Elementarzelle haben. Man findet P immer auf die gleiche Art, nämlich indem man vom Ursprung die halbe Kante a entlanggeht (rot farbcodiert), dann parallel zur Kante b eine Strecke von 0,8 mal der Länge von b (grün) und schließlich parallel zur Kante c eine Strecke von 0,62 mal der Länge von c (blau).

Kristallkoordinaten sind ein gut brauchbares Mittel, die Lage von Punkten, damit von Atomen, in Elementarzellen zu beschreiben.

7.1.3.4. Randatome

Immer wieder stellt sich die Frage, welche Atome eigentlich zu einer Elementarzelle gehören. Es geht dabei um Atome, die ich hier Randatome nenne. Dazu gehören die Atome in den Ecken und auf den Kanten der Elementarzelle.

Betrachten wir dazu noch einmal Bild 1. In einem zweidimensionalen Modell einer Kristallstruktur ist dort eine Elementarzelle eingezeichnet. Auf den ersten Blick sieht es so aus, dass zu dieser Zelle 5 orangefarbene Atome gehören (4 an den Ecken und eines in der Mitte) sowie 4 blaue Atome (auf den Kanten).

Aber ganz offensichtlich enthält die Struktur gleichviele Atome jeder Farbe. Wie kann dann in der Elementarzelle (aus der ja die gesamte Struktur aufgebaut werden kann) ein solches 5:4–Verhältnis entstehen ?

Tatsache ist, dass wir uns Gedanken machen sollten, welche Atome zu einer Elementarzelle gehören. Manchmal sagt man auch, es geht darum, welche Atome in der Zelle liegen.

Man kann die Frage auf 2 unterschiedliche Arten beantworten. Natürlich haben beide Vor– und Nachteile, und ich werde beide vorstellen.

Weg 1 – Formale Sicht

Bild 7 ist ähnlich zu Bild 1, jedoch sind hier in der zweidimensionalen Struktur 4 Elementarzellen eingezeichnet. Eine ist grün markiert, und die Atome an ihren 4 Ecken sind nummeriert.

Plan einer Elementarzelle

Bild 7 : Zweidimensionales Modell einer Kristallstruktur mit mehreren Elementarzellen.

Was ist mit Atom 2 ? Die gesamte Struktur geht aus einer einzigen (hier der grün markierten) Elementarzelle durch Wiederholung oder Aneinanderreihung hervor. Verschieben wir also die grün markierte Elementarzelle um eine Einheit (vgl. dazu den vorigen Abschnitt über Kristallkoordinaten) nach oben, erhalten wir eine weitere Elementarzelle. In dieser nimmt Atom 2 dieselbe Rolle ein wie Atom 1 in der grünen. Es ist links unten. Man sagt also, Atom 1 gehört zur markierten Zelle. Atom 2 gehört nicht zu dieser, sondern zur oben angrenzenden Zelle.

Ähnlich kann man mit Atom 3 und Atom 4 argumentieren. Beide gehören nicht zur grün markierten Elementarzelle, sondern zur rechts oben angrenzenden und zur rechts angrenzenden.

In der Elementarzelle sind also 2 orangefarbige Atome, nämlich Atom 1 und das Atom in der Mitte.

Für die blau gezeichneten Atome läuft die Argumentation analog. Das Atom auf der linken Kante gehört zur grün markierten Zelle, das auf der rechten Kante nicht. Es gehört zur rechts angrenzenden Zelle, es geht durch Verschiebung um eine Einheit aus dem Atom auf der linken Kante hervor. Genauso gehört das Atom auf der unteren Kante zur Elementarzelle, das auf der oberen nicht.

Insgesamt sind in der Elementarzelle 2 blaue Atome. Das macht uns zufrieden, denn es sind gleichviele blaue und orangefarbige darin.

Und natürlich kann man alle Argumente auf dreidimensionale Elementarzellen übertragen.

Im nächsten Abschnitt und auch im gesamten Buch wird bei der Angabe von Atompositionen immer diese formale Sicht benutzt.

Weg 2 – Anschauliches Vorgehen

Betrachtet man ein Bild von einer Elementarzelle, so stellt man eine Anforderung an dieses Bild. Es sollen alle Atome zu sehen sein, die die Zelle berühren. Dass an einer Ecke ein Atom ist und an den anderen 7 Ecken nicht (so wie es Weg 1 fordert), stellt niemand zufrieden. Ist an einer Ecke ein Atom, so sind ja tatsächlich auch an den anderen 7 Ecken Atome, obwohl sie formal zu benachbarten Elementarzellen gehören. Und das wollen wir auch sehen.

Elementarzelle mit Randatomen

Bild 8 : Kubische Elementarzelle mit vielen Randatomen.

Ein Bild von einer Elementarzelle kann also so aussehen wie Bild 8.

In diesem Bild habe ich möglichst viele markante Stellen der Zelle mit Kugeln belegt. An den Ecken sind rote Kugeln, insgesamt 8. An den Kantenmitten sind grüne Kugeln, insgesamt 12. An den Flächenmitten sind blaue Kugeln, insgesamt 6. Und in der Mitte ist eine weiße Kugel.

Wie kann man aus diesem Bild erkennen, wieviele Kugeln man begründet der Elementarzelle zuordnen kann ?

Ich fange mit den blauen Kugeln auf den Flächenmitten an, denn hier ist alles am einfachsten. Jede der 6 Kugeln hat einen Radius, der größer als Null ist. Sie hat also eine reale Ausdehnung. Und weil ihr Mittelpunkt genau auf der Fläche ist, ist die eine Hälfte jeder Kugel in der gezeichneten Elementarzelle, die andere Hälfte in einer benachbarten Zelle – darüber, darunter, davor, dahinter, rechts oder links davon. Von den 6 Kugeln sind also 6 Halbkugeln in der Elementarzelle. 6 halbe Kugeln entsprechen 3 vollen Kugeln. In der Elementarzelle sind 3 blaue Kugeln.

Ganz ähnlich kann man bei den grünen Kugeln in Bild 8 argumentieren. Von jeder Kugel ist ein Viertel in der gezeichneten Elementarzelle, die anderen Drei Viertel sind in 3 angrenzenden Zellen. Von den 12 gezeichneten Kugeln sind also 12 Viertelkugeln in der Zelle. 12 Viertelkugeln entsprechen 3 Kugeln. In der Elementarzelle sind 3 grüne Kugeln.

Von jeder roten Kugel ist ein Achtel in der gezeichneten Zelle, der Rest in 7 Nachbarzellen. Von den 8 gezeichneten Kugeln sind also 8 Achtelkugeln in der Zelle. Das entspricht einer ganzen Kugel.

Beitrag von Randatomen zur Belegung der Elementarzelle :
xxxx in den Ecken – ein Achtel
xxxx auf den Kanten – ein Viertel
xxxx auf den Flächen – die Hälfte

Nicht–rechtwinklige Elementarzellen.  – Die Elementarzellen vieler Stoffe sind kubisch oder zumindest quaderförmig, andere jedoch besitzen keine rechten Winkel zwischen ihren Kanten. Ein Beispiel ist die in den Bildern 2 und 6 vorgestellte Zelle. Hier kann man nicht behaupten, dass die Atome an den Ecken und den Kantenmitten zu einem Achtel bzw. Viertel in der Zelle enthalten sind (im Gegensatz zu den Atomen auf den Flächenmitten, von denen weiter die Hälfte in der Zelle ist). Trotzdem gilt weiter, dass die Summe der Atomteile in den 8 Ecken Eins beträgt, und die Summe der 12 Atomteile auf den Kantenmitten Drei. Der Nachweis ist aufwendig und entfällt hier.

Natriumchlorid NaCl.  – Im der Elementarzelle von Natriumchlorid (NaCl) besetzen die Natrium–Ionen die Ecken (in Bild 8 rot gezeichnet) und die Flächenmitten (blau). Die Zelle enthält also 4 Natrium–Ionen : 8 Achtel der roten Kugeln und 6 halbe blaue Kugeln. Die Chlor–Ionen besetzen die Kantenmitten (grün) und das Zentrum (weiß) der Zelle. Sie enthält also auch 4 Chlor–Ionen : 12 Viertel der grünen Kugeln und die weiße Kugel.

Wir sind zufrieden, dass gleichviele Ionen jeder Sorte in der Elementarzelle vorhanden sind, so wie es die Zusammensetzung des Stoffes erfordert.

Ein Nachteil.  – Einen Nachteil hat das anschauliche Vorgehen.

Die Ecken und Kanten dominieren das Geschehen.

Die 8 Kugeln an den Ecken besetzen die optisch auffälligsten Plätze und tragen doch nur eine Kugel zur Gesamtbilanz bei, genauso wie die unauffällige Zentrumskugel.

Die 12 Kugeln auf den Kantenmitten treten schon durch ihre Zahl in den Vordergrund, im Gegensatz zu den 6 Kugeln auf den Flächenmitten, jedoch tragen beide gleichviel (3 Kugeln) zum Inhalt der Zelle bei.

Nun ja, damit muss man leben.

7.1.3.5. Atompositionen

Jetzt ist es ganz einfach, die Struktur eines Kristalls zu beschreiben. Nachdem wir die Abmessungen der Elementarzelle mitgeteilt haben, brauchen wir nur noch die Positionen aller Atome und Ionen in Kristallkoordinaten anzugeben.

Methode für Laien. – Hier machen wir wirklich das, was wir gesagt haben. Wir geben für die 2 Beispiele die Positionen aller Ionen an (Tabellen 1 und 2).

Tabelle 1 : Atompositionen in der Elementarzelle von Natriumchlorid (NaCl)

Tabelle 2 : Atompositionen in der Elementarzelle von Rutil (TiO2)

 

Profimethode. – Chemikerinnen und Chemiker (und darin sind sie sich mit vielen anderen Studierten einig) schreiben nur das hin, was wirklich notwendig ist. Und, ist es notwendig, die Positionen von Atomen anzugeben, die sich alle, die Bescheid wissen, aus den Positionen anderer Atome durch Anwendung von Symmetrieoperationen selbst ausrechnen können ? Sicher haben Sie in den beiden Tabellen oben schon einige Regelmäßigkeiten entdeckt, und gleich, nach ein paar Zeilen, wissen Sie selbst Bescheid.

Der Ablauf geht so.

Fußnote 1 : Suchen Sie statt der konventionellen, listenmäßigen Beschreibung der Raumgruppen eine, an der man die Kristallsysteme, die Symmetrieelemente und die wachsende Komplexität auf einen Blick erkennen kann ? Vielleicht gefällt Ihnen der Vorschlag in Lit. L–269 ? Der Autor nennt seine Darstellung periodensystem–ähnlich.

 

Auch die Profimethode wird an den 2 Beispielen ausgeführt (Tabellen 3 und 4).

Tabelle 3 : Beschreibung der Elementarzelle von Natriumchlorid (NaCl)

 

Tabelle 4 : Beschreibung der Elementarzelle von Rutil (TiO2)

 

7.1.3.6. Zusammenfassung

Man kann Kristallstrukturen durch Angabe der Elementarzelle und aller Atompositionen beschreiben.
      Vorteil : exakt, vollständig
      Nachteil : unanschaulich

 

7.1.4. Graphiken – statisch oder interaktiv

Bilder motivieren. – Es hat schon seinen Grund, dass man einen Abschnitt eines Buches, der keine Bilder enthält, eine Textwüste nennt. Deshalb finden Sie überall auf meinen Seiten neben ausführlichem Text (der nun mal zum Verständnis nötig ist) reichlich Bilder.

Elementarzelle von Natriumchlorid

Bild 9 : Elementarzelle von Natriumchlorid. Die Natrium–Ionen sind violett gezeichnet, die Chlor–Ionen grün.

Ein Bild sagt mehr als 1000 Worte. – Alle Menschen haben mehrere Eingangskanäle, mit denen sie Informationen aufnehmen. Lesen, Hören, Sehen, Tun sind wichtige. Ihre Effektivität steigt in der genannten Reihenfolge. Das heißt, durch Selbermachen lernen die meisten Menschen etwas am besten, durch Sehen am zweitbesten, durch Hören oder Lesen nur schlecht. Das ist Ihnen vielleicht nicht neu, aber es ist gut, das wieder ins Bewusstsein zu rufen. Und weil wir durch Sehen leichter lernen als durch Lesen, kann man in einem Bild viel mehr Informationen auf wenig Raum unterbringen.

interaktive Graphiken. – Natürlich ist das Drehen des Bildes eines Moleküls nicht mit dem Anfassen eines realen Gegenstandes zu vergleichen. Viele Menschen sind aber darin geübt, sich anhand einer flachen zweidimensionalen Darstellung den wirklichen dreidimensionalen Gegenstand vorzustellen (besonders die, die sich, angeblich zu viel, mit Computern und Spielen beschäftigen). Deshalb finden Sie auf meinen Seiten immer wieder interaktive Visualisierungen von Molekülen und Kristallen.

Elementarzelle von Rutil, von der Seite Elementarzelle von Rutil, von oben

Bild 10 : Elementarzelle von Rutil, erst von der Seite, dann von oben. Die Titan–Ionen sind violett gezeichnet, die Sauerstoff–Ionen rot.

Gibt es auch Nachteile ? – Ja.

Beispiel Natriumchlorid NaCl. – Die meisten Menschen sind darin geübt, Symmetrien zu erkennen, und die Elementarzelle von Natriumchlorid ist eine der symmetrischsten überhaupt. Die Ionen sind an den Ecken des Würfels, in der Mitte der Kanten, in der Mitte der Flächen und in der Mitte des Würfels. In Bild 9 sehen wir das so, weil wir es genau so erwarten.

Beispiel Rutil TiO2. – Die meisten Menschen sind darin geübt, Symmetrien zu erkennen, auch wenn keine da sind, und fallen beim Rutil auf die Nase. Sehen Sie sich Bild 10 an und überlegen Sie sich, ob Sie nur anhand des Bildes auf die richtigen Antworten gekommen wären. Ist die Elementarzelle genauso hoch wie tief ? (Nein, obwohl es so aussieht. Die Perspektive führt uns in die Irre.) Ist die Elementarzelle genauso breit wie tief ? (Ja, obwohl es nicht so aussieht. Die Perspektive führt uns schon wieder auf eine falsche Fährte.) Liegen die Sauerstoff–Ionen zwischen den Titan–Ionen A und B genau auf der Diagonalen ? (Ja.) Teilen Sie die Diagonale in 3 gleiche Teile ? (Nein, etwa 10 % Abweichung.) Haben alle 6 Sauerstoff–Ionen den gleichen Abstand vom Titan–Ion in der Mitte der Elementarzelle ? (Nein, aber nicht, weil es im zweiten Teil von Bild 10 so aussieht. Das Bild ist hier eine böse Falle. Die Sauerstoff–Ionen, die scheinbar ganz nah beim Titan–Ion liegen, liegen in einer anderen Ebene und haben dadurch einen größeren Abstand. Die wirklichen Abstände muss man ausrechnen, es geht nicht anders.)

 

Man kann Kristallstrukturen graphisch veranschaulichen.
      Vorteil : motivierend, anschaulich
      Nachteil : wenig exakt, Probleme durch Perspektive

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