7.3.2. Die kubisch–dichteste Kugelpackung

Kleine Vorrede

Wenn Sie diese Seite mit der über die hexagonal–dichteste Kugelpackung vergleichen, werden Sie eine frappierende Ähnlichkeit feststellen. Das ist Absicht. Beide Kugelpackungen sind sehr ähnlich, aber ich verweise nicht von dieser auf die andere Seite und sage „Lesen Sie doch dort”, sondern stelle alle Aspekte der kubisch–dichtesten Packung ausführlich und im Zusammenhang dar, wie Sie es von mir gewohnt sind. Der copy–Befehl ist mein Freund. Natürlich gibt es auch Unterschiede zwischen den beiden Seiten, nämlich dort, wo es Unterschiede zwischen den beiden Packungen gibt. Finden Sie sie heraus.

Worum geht es ?

Es geht darum, wie Metalle und Edelgase kristallisieren. Wir benutzen dazu ein einfaches Modell. Die Atome sind in diesem Modell feste, starre und gleichgroße Kugeln. Sie können sie mit Tischtennisbällen oder den Kugeln eines Kugellagers vergleichen. In ein gegebenes Volumen sollen möglichst viele solcher Kugeln hineingepackt werden. Wie sind sie dann angeordnet, und welche Eigenschaften hat eine solche Anordnung von Kugeln ?

Diese Fragen werde ich zuerst anschaulich beantworten und dann mathematisch unterlegen.

Dazu ist der Abschnitt in Teile gegliedert.

Verstehen durch Ansehen

Beschreibung mit Mathematik

Interaktives Erkunden

7.3.2.1. Aufbau der Kugelpackung

 

 

 

Blick von oben auf eine Schicht Kugeln

Bild 1 : Blick von oben auf eine Schicht Kugeln.

In diesem Abschnitt geht es darum, wie man Kugeln möglichst dicht packt. Der erste Schritt ist wirklich einfach. In eine Ebene wird eine Schicht Kugeln hingelegt. Das sieht dann so aus wie in Bild 1. Sie sehen von oben auf die Kugelschicht. Die Kugeln liegen in Reihen, die jeweils um eine halbe Kugellänge gegeneinander versetzt sind.

Starten Sie die JSmol–Visualisierung, in der Sie den Aufbau der kubisch–dichtesten Kugelpackung in 10 Schritten nachvollziehen können, entsprechend den Bildern 1 bis 11.

 

eine Schicht Kugeln und Mulden

Bild 2 : Blick von oben auf eine Schicht Kugeln mit schwarz und weiß markierten Mulden.

Auch der zweite Schritt ist einfach. Auf die erste Schicht kommt eine zweite Schicht Kugeln. Natürlich legt man sie in die Mulden, die aus jeweils 3 Kugeln der ersten Schicht gebildet werden. Diese Mulden sind in Bild 2 markiert. Einige habe ich schwarz markiert, die anderen weiß. Und warum ?

 

Kugel in einer Mulde

Bild 3 : Auf einer schwarzen Markierung liegt die erste Kugel der zweiten Schicht.

Das sehen Sie in Bild 3, wenn die erste Kugel der zweiten Schicht gelegt wird. Ich habe sie auf eine schwarze Markierung gelegt. Die neue Kugel ist durchsichtig, damit Sie die Kugeln darunter und besonders die schwarze Markierung noch sehen können. Auf die benachbarten weißen Markierungen kann man nun keine Kugeln mehr legen. Sie sind zu nah an der schon liegenden Kugel. Erst auf die nächstfolgenden schwarzen Markierungen können wieder Kugeln gelegt werden.

 

3 Kugeln in gleich markierten Mulden

Bild 4 : Alle 3 Kugeln der zweiten Schicht liegen über den schwarzen Markierungen.

Reden wir nicht nur davon, tun wir es. In Bild 4 sind 2 weitere Kugeln der zweiten Schicht angekommen. Wie die zuvor dazugekommene Kugel sind auch die beiden neuen durchsichtig. Sie sehen, dass sie auf den schwarzen Markierungen liegen. Und sicher ist Ihnen schon klar, dass alle Kugeln der zweiten Schicht auf den schwarzen Markierungen liegen werden, und keine auf den weißen.

 

2 Schichten aus Kugeln

Bild 5 : Alle Kugeln der zweiten Schicht liegen über den schwarzen Markierungen.

Die zweite Kugelschicht ist nun vollständig. Niemand wird es wundern : alle Kugeln dieser Schicht liegen in den Mulden zwischen jeweils 3 Kugeln der ersten Schicht, und alle liegen auf den schwarzen Markierungen. Bild 5 zeigt die Situation.

 

 
 
2 Schichten aus Kugeln und eine weitere Kugel

Bild 6 : Von der dritten Schicht ist erst eine Kugel da.

Nun geht es an die dritte Schicht. Wo können die Kugeln dieser Schicht liegen ? Natürlich in den Mulden von jeweils 3 Kugeln der zweiten Schicht. Wie schon 4 Absätze weiter oben gibt es wieder 2 Möglichkeiten. Entweder können die neuen Kugeln über den weißen Markierungen liegen, die auf den Bildern ja immer noch sichtbar sind. Oder sie können in den nicht markierten Mulden liegen, dort, wo die Kugeln der ersten Schicht durchscheinen. Bei der kubisch–dichtesten Kugelpackung wird die erste Möglichkeit realisiert. (Die andere Möglichkeit finden Sie in der hexagonal–dichtesten Kugelpackung.) Die Kugeln der dritten Schicht liegen genau über den weißen Markierungen. In Bild 6 ist erstmal eine einzige Kugel in der dritten Schicht angekommen. Sie ist durchsichtig, und so können Sie gut sehen, dass sie weder über einer Kugel der ersten Schicht noch über einer der zweiten Schicht liegt. Vielmehr liegt sie über einer weißen Markierung.

 

3 Schichten aus Kugeln

Bild 7 : Alle 5 Kugeln der dritten Schicht liegen über einer weißen Markierung.

Die dritte Schicht wächst. In Bild 7 umfasst sie nun 5 Kugeln. Alle 5 liegen weder über der ersten noch der zweiten Schicht, sondern über weißen Markierungen. Die Kugeln der dritten (und später der vierten) Schicht haben eine rötliche Farbe. Der einzige Grund ist, sie optisch besser von den Kugeln der anderen Schichten unterscheiden zu können. In der Realität sind es natürlich Atome desselben Elements, die sich nicht weiter unterscheiden.

 

3 vollständige Schichten aus Kugeln

Bild 8 : Die dritte Schicht ist vollständig.

Die dritte Schicht ist nun vollständig. Jede Kugel dieser Schicht liegt über einer weißen Markierung. Bild 8 zeigt die Situation.

 

4 Schichten aus Kugeln

Bild 9 : Die Kugeln der vierten Schicht liegen genau über denen der ersten Schicht.

Wo wird die vierte Schicht hingelegt ? Alle schwarzen und weißen Markierungen sind von den Kugeln der zweiten und dritten Schicht belegt. Den Kugeln der vierten Schicht bleibt nichts anderes übrig, als sich direkt über Kugeln einer anderen Schicht zu legen. Sie liegen genau über denen der ersten Schicht. In Bild 9 ist das nicht allzu gut zu erkennen. Besser sehen Sie es in der JSmol–Visualisierung oder auf dem nächsten Bild.

 

4 Schichten aus Kugeln

Bild 10 : 4 Schichten von Kugeln liegen übereinander. Die Ansicht ist jetzt nicht von oben wie bei den vorigen Bildern, sondern von der Seite.

Die Ansicht von oben in Bild 9 war ja nicht sehr übersichtlich. Hier, in Bild 10, sehen Sie dieselbe Szene, aber von der Seite. Es ist jetzt wirklich nicht mehr zu übersehen, wo die Kugeln der vierten Schicht liegen – genau über denen der ersten Schicht.

 

6 Schichten aus Kugeln

Bild 11 : 6 Schichten von Kugeln liegen übereinander. Wer über wem liegt, ist deutlich zu erkennen.

Wo werden die Kugeln der folgenden Schichten wohl liegen ? Sie sehen es in Bild 11.

Das Prinzip der kubisch–dichtesten Kugelpackung ist nun klar. Die nächsten Schichten werden genauso auf die vorhandenen gelegt wie bisher. Über der ersten Schicht liegt die vierte, über der zweiten die fünfte, über der dritten die sechste, und so weiter.

Schichtenfolge. – Das geordnete Aufeinanderfolgen von Kugelschichten nennt man eine Schichtenfolge. Die Schichten werden mit Großbuchstaben bezeichnet. Bei der Benennung der Schichten beginnt man unten und geht nach oben. Genau übereinander liegende Schichten bekommen denselben Buchstaben. Die kubisch–dichteste Kugelpackung hat also (vgl. Bild 11) die Schichtenfolge ABCABCABC... , oder kurz ABC.

 

Sie können den Aufbau der kubisch–dichtesten Kugelpackung in 10 Schritten, entsprechend den Bildern im linken Teil dieser Seite, in einer JSmol–Visualisierung nachvollziehen.

7.3.2.2. Der Name und der Würfel

In vielen Schritten haben wir die kubisch–dichteste Kugelpackung aufgebaut, aber einen Würfel haben wir noch nicht gesehen. Wieso also heißt diese Packung kubisch ?

Tatsächlich ist in der Packung ein Würfel verborgen. Er ist nicht so einfach zu finden und freizulegen, und wir werden im Folgenden mehrere Schritte dazu benötigen. Aber dieser gut versteckte Würfel kann doch nicht der ganze Grund für den Namen sein. Ob da noch mehr dahintersteckt ?

Ja, klar. Dieser Würfel bildet die Elementarzelle der kubisch–dichtesten Kugelpackung. Und das ist nun wirklich Grund genug für den Namen.

Der Würfel wird freigelegt
6 Schichten aus Kugeln

Bild 12 : 6 Schichten von Kugeln, unterschiedlich gefärbt, Ansicht von der Seite.

6 Schichten aus Kugeln

Bild 13 : 6 Schichten von Kugeln, unterschiedlich gefärbt, Schrägansicht.

Wir beginnen mit einer bekannten Situation. 6 Kugelschichten liegen übereinander. Bild 12 zeigt diese Schichten von der Seite, es ist eine ähnliche Ansicht wie in Bild 11. In Bild 13 habe ich die Schichten gekippt, und Sie sehen sie in einer Schrägansicht. Dadurch können Sie ein wenig in die Schichten hinein sehen.

 

in den Kugelschichten enthaltener Würfel

Bild 14 : Die oberste Schicht ist bis auf eine Kugel verschwunden, und einige Kugeln sind blau oder hellgrün markiert. Mehr Info im Text.

Interessanter wird es im nächsten Bild (Bild 14). Die oberste Schicht habe ich fast vollständig entfernt, nur eine einzige Kugel ist geblieben. Insgesamt 8 Kugeln habe ich blau gefärbt. Es ist die verbliebene Kugel der obersten Schicht, je 3 in den darunter folgenden Schichten (eine davon sieht man kaum, sie ist fast ganz verdeckt) und schließlich eine Kugel in der vierten Schicht von oben (der dritten Schicht von unten).

Wenn Sie die Szene genauer betrachten, fällt auf, dass in der oberen Schicht zwischen je 2 blauen Kugeln eine hellgrüne ist. Auch sonst kommt es mehrfach vor, dass zwischen 2 blauen Kugeln eine hellgrüne ist. Ob das wohl Zufall ist ?

 

in den Kugelschichten enthaltener Würfel

Bild 15 : Würfel aus blauen Kugeln in der kubisch–dichtesten Kugelpackung, Schrägansicht.

in den Kugelschichten enthaltener Würfel

Bild 16 : Würfel aus blauen Kugeln in der kubisch–dichtesten Kugelpackung, Ansicht fast von der Seite.

Die Lösung des Rätsels finden Sie im nächsten Bild (Bild 15). Hier habe ich jede blaue Kugel mit ihren blauen Nachbarkugeln verbunden. Es sind immer 3 blaue Nachbarn, und alle Verbindungslinien bilden zusammen einen Würfel. Er liegt irgendwie schräg im Gelände, aber Sie werden bald seine Orientierung erkennen.

Auch die Rolle der hellgrünen Kugeln wird nun klar. Sie liegen (soweit man das in den Bildern sehen kann, aber es ist auch für die restlichen richtig) im Zentrum einer Würfelfläche (aus 4 blauen Kugeln). Die Sequenz blau – hellgrün – blau entspricht also im Würfel der Folge Ecke – Flächenmitte – Ecke.

Insgesamt hatte ich 8 Kugeln blau gefärbt, und ein Würfel hat 8 Ecken, ebenso entsprechen die 6 hellgrünen Kugeln der Mitte der 6 Würfelflächen. Alles passt. Die Kugeln der kubisch–dichtesten Kugelpackung definieren einen Würfel.

Die Elementarzelle. – Um genau zu sein : Man kann unendlich viele Würfel in die kubisch–dichteste Packung legen. Sie sind von unterschiedlicher Größe. Der eben beschriebene Würfel ist der kleinstmögliche. Und man kann nicht nur einen einzigen dieser Würfel in die kubisch–dichteste Packung legen, sondern daneben, daruner und darüber genau solche Würfel. Man kann also die gesamte Packung aus diesen Würfeln aufbauen. Der eben beschriebene Würfel ist die Elementarzelle der kubisch–dichtesten Kugelpackung.

 

Die Kubisch–flächenzentrierte Packung. – Wir werden die Elementarzelle in Kapitel 7.3.2.7. genauer besprechen. Aber schon jetzt kann man sagen : Sie besteht aus einem Würfel, an dessen 8 Ecken je eine Kugel ist, und in dessen Flächenmittelpunkten je eine Kugel ist. Ein solcher Würfel heißt flächenzentriert, und die kubisch–dichteste Kugelpackung heißt auch kubisch–flächenzentrierte Kugelpackung (engl. cubic face–centred).

 

Die kubisch–flächenzentrierte Kugelpackung ist dasselbe wie die kubisch–dichteste Kugelpackung.

Orientierung des Würfels. – Eine Frage ist noch offen. Wie ist die Orientierung des Würfels in den Kugelschichten ?

Bild 16 soll Ihnen einen, wenn auch sicher nicht perfekten, Eindruck von der räumlichen Beziehung geben. In den oberen beiden Schichten des Bildes sind je 3 Würfelecken. Darüber und darunter ist jeweils eine einzelne Kugel, die zum Würfel gehört. Bezogen auf den Würfel liegen diese beiden Kugeln in maximaler Entfernung voneinander, man könnte sagen, sie liegen gegenüber. Die Verbindungslinie zwischen ihnen ist also die Raumdiagonale des Würfels. Bezogen auf die Kugelschichten liegen sie, wenn man die Szene von der Seite betrachtet, genau übereinander.

Die Raumdiagonale des Würfels (der Elementarzelle) steht senkrecht auf den Kugelschichten.

Viermal dasselbe
Würfel mit mehreren Raumdiagonalen

Bild 17 : Würfel mit 2 Raumdiagonalen und Ebenen, die senkrecht dazu liegen. Mehr Info im Text.

In den vorigen Absätzen hatten Sie gesehen, dass eine der Raumdiagonalen des Würfels (der Elementarzelle) senkrecht auf den Kugelschichten steht, aus denen die Kugelpackung aufgebaut ist. Aber jeder Würfel hat 8 Ecken, somit 4 Raumdiagonalen. Ist die Raumdiagonale von eben etwas Besonderes ? Unterscheidet sie sich aufgrund dieser Eigenschaft von den 3 anderen ? Eine solche Diagonale würde man ausgezeichnet nennen.

Die Elementarzelle hat keine ausgezeichneten Raumdiagonalen. Sehen Sie sich dazu Bild 17 an. Ich habe die 8 Ecken des Würfels mit 4 Farben codiert. Zwischen jeweils 2 gleichfarbigen Ecken verläuft eine der 4 Raumdiagonalen des Würfels. 2 davon habe ich eingezeichnet.

Dazu habe ich einige Ebenen gezeichnet. Die beiden blauen Ebenen sind senkrecht zur blauen Raumdiagonale. Auf jeder der beiden sind 3 Kugeln des Würfels. Sie stehen für 2 vollständige Kugelschichten, denn die Kugeln setzen sich (vgl. dazu Bild 17) in der Ebene endlos fort. Betrachten Sie nun die beiden roten Kugeln. Die Situation ist dieselbe. Zwischen ihnen verläuft die rote Raumdiagonale, senkrecht dazu sind die beiden roten Ebenen mit je 3 Kugeln, und diese roten Ebenen definieren wieder 2 vollständige Kugelschichten. Um das Bild übersichtlich zu halten, habe ich zwischen den gelben und den grünen Kugeln keine Raumdiagonalen und keine Ebenen gezeichnet, aber auch hier könnte man das tun und entsprechende Kugelschichten definieren.

Man kann die Kugeln der kubisch–dichtesten Kugelpackung auf 4 Arten in Kugelschichten einteilen. Eine davon zeichnet man gern oder stellt sie optisch heraus, aber die anderen 3 sind genauso vorhanden.

Übrigens : Je 2 der Raumdiagonalen, und damit auch je 2 der farbigen Ebenen (Kugelschichten) schließen einen Winkel von 70,53 Grad ein. Der Komplementärwinkel zu 180 Grad beträgt 109,47 Grad – oh, das ist ja der Tetraederwinkel.

 

Eine Visualisierung

Sie können das Freilegen des Würfels auch in einer JSmol–Visualisierung verfolgen. Zu Beginn sehen Sie 6 Schichten von Kugeln. Mit dem Knopf „Würfel freilegen” führen Sie die einzelnen, eben beschriebenen weiteren Schritte aus.

Können Sie den Würfel jetzt wirklich gut erkennen ? Oder doch nicht so richtig ? Dann ändern Sie doch die Atomgröße. Sie können dann viel besser in das Innere der Schichten hineinsehen. Und betrachten Sie ihn aus anderen Richtungen, zum Beispiel aus „Richtung 1”. Jetzt sehen Sie deutlich, dass er sich über 4 Schichten erstreckt. Eine Kugel liegt außerhalb aller Schichten. Sie gehört zu der obersten Schicht, die schon im ersten Schritt verschwunden ist. Die 3 mit dieser Kugel verbundenen Kugeln liegen in der nächsten Schicht, weitere 3 Kugeln in der folgenden, und eine letzte Kugel noch eine Schicht tiefer. In den Bildern 12 bis 16 ist diese Situation gezeigt.

 

Der zweite Grund

Es gibt übrigens noch einen zweiten Grund für den Namen.

7.3.2.3. Nachbarn

Oft möchte man wissen, wieviele Nachbarn eine Kugel in einer Kugelpackung hat. Unter dem Begriff Nachbar soll hier verstanden werden, wieviele Kugeln eine gegebene Kugel berührt.

eine Schicht Kugeln

Bild 18 : Eine Schicht der kubisch dichtesten Kugelpackung. Die gegebene Kugel ist rot markiert.

Den ersten Teil der Antwort sehen Sie in Bild 18. Es ist Bild 1 ähnlich und zeigt wie dieses eine Schicht Kugeln der kubisch dichtesten Kugelpackung. Eine Kugel (ich nenne sie im folgenden die gegebene Kugel) ist rot markiert. Sie sehen sofort, dass in dieser Schicht 6 andere Kugeln die gegebene Kugel berühren. Wir haben also schon 6  Nachbarn gefunden.

Hat die gegebene Kugel noch mehr Nachbarn ? Und wo könnten sie liegen ?

 

eine Schicht Kugeln und eine Kugel dazu

Bild 19 : Die gegebene Kugel liegt (von den anderen Kugeln der eigenen Schicht getrennt) auf der darunter liegenden Schicht.

eine Schicht Kugeln und drei Kugeln dazu

Bild 20 : Die gegebene Kugel zusammen mit den anderen Kugeln ihrer Schicht, darüber 3 Kugeln einer weiteren Schicht.

Den zweiten Teil der Antwort sehen Sie in Bild 19. Ich habe die gegebene (rot gezeichnete) Kugel aus dem vorigen Bild von allen Nachbarn der gleichen Schicht getrennt und sie dann (als einzelne Kugel) auf die darunter liegende Schicht gelegt. Bild 3 zeigt, was dabei passiert. Die Kugel kommt in einer Mulde aus 3 Kugeln zu liegen. Die gegebene Kugel berührt also 3 Kugeln aus der Schicht darunter. Wir haben 3 weitere Nachbarn gefunden, insgesamt sind es nun 9 Nachbarn.

Weitere Nachbarn sollte man in der Schicht suchen, die über der gegebenen Kugel liegt. Bild 20 zeigt, was man findet. 3 Kugeln (transparent gezeichnet und doch die gegebene Kugel fast verdeckend) liegen in Mulden, die an die gegebene Kugel angrenzen. Bild 20 ist somit ähnlich zu Bild 4. Die 3 transparenten Kugeln berühren die gegebene Kugel. Wir haben 3 weitere Nachbarn gefunden, insgesamt sind es nun 12 Nachbarn.

Fazit. – In der kubisch–dichtesten Kugelpackung hat jede Kugel 12 Nachbarn. 6 sind in der gleichen Schicht wie die gegebene Kugel, 3 in der Schicht darüber, und 3 in der Schicht darunter.

Ein Unterschied

Bis hierher waren die Abschnitte über die Nachbarn der beiden dichtesten Kugelpackungen sehr ähnlich.

Doch gibt es auch Unterschiede ? Ja.

Die Bilder 19 und  20 zeigen die Ebenen unter und über der gegebenen Kugel in der kubisch–dichtesten Packung. Die Nachbarkugeln der gegebenen Kugel sind in diesen beiden Ebenen unterschiedlich angeordnet, einmal links oberhalb, rechts oberhalb und unterhalb der gegebenen Kugel, dann links unterhalb, rechts unterhalb und oberhalb. Der Grund ist die Schichtenfolge ABC (vgl. dazu Bild 11) in der kubisch–dichtesten Packung. Die Schichtenfolge wiederholt sich erst nach 3 Schichten, und näher beieinander liegende Schichten (wie die beiden betrachteten) haben unterschiedliche Anordnung.

Den Gegensatz dazu bildet die hexagonal–dichteste Kugelpackung. Ihre Schichtenfolge ist AB. Die Schicht über der gegebenen Kugel und die unter ihr gehören also zu gleich benannten Schichten (zum Beispiel A). Daraus folgt, dass die Kugeln dieser beiden Schichten genau übereinander liegen, und das ist es, was Sie in den Bildern 11 und 12 in Kapitel 7.3.1.2. (Nachbarn in der hexagonal–dichtesten Kugelpackung) sehen. In Bild 11 dort sind 3 Kugeln, die die gegebene Kugel berühren. Sie liegen links oberhalb, rechts oberhalb und unterhalb von ihr. Die 3 (transparenten) Kugeln in Bild 12 dort, die die gegebene Kugel berühren, liegen, relativ zu ihr, genauso.

7.3.2.4. Tetraederlücken

Lücken zwischen den Atomen. – Sie wissen jetzt, wie die Atome gepackt sind. Aber was ist zwischen den Atomen ? Nichts ? Naja, darüber kann man diskutieren. In Kapitel 3.7.9. finden Sie die Diskussion, soweit sie in diesem Projekt geführt werden kann. Sicher kann man sagen : Dort, zwischen den Atomen, ist Platz. Man nennt den Raum zwischen den Atomen eine Lücke. In der kubisch–dichtesten Kugelpackung gibt es 2 Arten von Lücken, nämlich die Tetraederlücken und die Oktaederlücken.

Sind Lücken wichtig ? – Würde ich sonst darüber schreiben ? Auf dieser Seite geht es darum, Kugeln einer Sorte möglichst dicht zu packen. Da sind Lücken weniger wichtig. Später wird es um die Kristallstrukturen von Verbindungen gehen. Dort werden Kugeln mehrerer Sorten (zum Beispiel positiv und negativ geladene Ionen) gepackt. Um solche Strukturen zu verstehen, ist es notwendig, Zahl, Lage und Größe der Lücken zu verstehen.

Mehr über Strukturen, die durch das Füllen der Lücken in dichtesten Kugelpackungen entstehen, erfahren Sie in Kapitel 7.4. (Ionenkristalle), in Kapitel 7.5. (Fehlordnung und verwandte Phänomene), in Kapitel 7.6. (Legierungen und Co – demnächst) und in Kapitel 7.10. (Vielfalt der Kristalle).

Was ist eine Tetraederlücke ?

In Bild 3 auf dieser Seite (es ging um den Aufbau der zweiten Kugelschicht) haben Sie gesehen, dass in einer Ebene Kugeln liegen, und dass in die Mulde, die 3 solcher Kugeln bilden, eine vierte gelegt wird. Aus der Mulde ist so ein räumliches Gebiet geworden, dass von 4 Kugeln begrenzt wird. Es ist also eine Lücke.

 

Tetraeder aus 4 Kugeln

Bild 21 : 4 Kugeln bilden einen Tetraeder, in seinem Innern ist die Tetraeder­lücke, gefüllt mit einem roten Atom.

Bild 21 zeigt eine solche Gruppe aus 4 Kugeln. Gemeint sind die 4 großen, kupferfarbenen Kugeln. Sie sind durchsichtig, damit Sie den Aufbau der Tetraederlücken besser erkennen können. Verbindet man die Mittelpunkte der 4 Kugeln, erhält man einen Tetraeder. Er ist mit eingezeichnet. Einige seiner Kanten scheinen stärker durch, andere schwächer, je nachdem, wie viele Kugeln zwischen ihm und dem Beobachter sind. Konsequenterweise heißt die Lücke im Innern des Tetraeders Tetraederlücke.

Im Innern der Tetraederlücke befindet sich eine kleine, undurchsichtige, rote Kugel. Der Grund ist nicht nur, die Lücke deutlicher sichtbar zu machen, sondern sie gibt auch einen Hinweis auf die Funktion von Lücken in Verbindungen.

Sehen Sie die Tetraederlücken in einer kleinen JSmol–Visualisierung an.

 

Wie viele Tetraederlücken gibt es ?

Dazu werden wir untersuchen, zu wievielen Tetraedern (und damit auch Tetraederlücken) eine gegebene Kugel gehört, das heißt, an wievielen Tetraedern sie beteiligt ist. Diese Kugel ist auf den Bildern der linken Spalte immer undurchsichtig und dunkelblau.

 

 
eine Kugel und ihre Nachbarn

Bild 22 : Die dunkelblaue Kugel und ihre Nachbarn, von oben gesehen.

Im ersten Schritt, in Bild 15, liegt die gegebene Kugel in der Mitte. Sie ist, wie alle Kugeln dieser und der folgenden Szenen, verkleinert, da Sie nur so alle Kugeln und die Tetraeder gut erkennen können. Die Mittelkugel ist von ihren 6 Nachbarn in der gleichen Schicht umgeben. Diese 6 Nachbarn sind kupferfarben (braun) und undurchsichtig. In 3 Mulden, die von der Mittelkugel und je 2 Nachbarkugeln gebildet werden, liegt je eine weitere Kugel. Diese 3 Kugeln liegen also in der oberen Schicht. Sie sind ebenfalls kupferfarben, aber fast völlig durchsichtig. Unterhalb der Schicht aus der blauen Mittelkugel und den 6 undurchsichtigen Nachbarn liegen noch einmal 3 Kugeln. Diese 3 Kugeln sind kupferfarben und halb durchsichtig. Jede dieser 3 Kugeln liegt in einer Mulde aus 3 Kugeln, jedoch können Sie diese Mulden nicht gut erkennen. Sie betrachten die Szene von oben.

 

eine Kugel und ihre 12 Nachbarn

Bild 23 : Dieselbe Szene wie im vorigen Bild, aber von vorn gesehen und mit 3 Tetraedern erweitert.

Bild 23 zeigt fast dieselbe Szene wie das vorige, aber von vorn gesehen. Sie erkennen wieder die dunkelblaue Mittelkugel, die 6 kupferfarbenen, undurchsichtigen Nachbarn derselben Schicht und je 3 kupferfarbene, durchsichtige Nachbarn in der oberen und der unteren Schicht. Beachten Sie, dass, im Gegensatz zur hexagonal–dichtesten Packung, die Kugeln der oberen und der unteren Schicht nicht übereinander liegen.

Und die ersten 3 Tetraeder, an denen die Mittelkugel beteiligt ist, sind dazugekommen. Jeder dieser Tetraeder hat die Mittelkugel als Eckpunkt, ist ja klar. Jeder dieser Tetraeder hat außerdem 2 Kugeln der mittleren Schicht als Eckpunkte. Der vierte Eckpunkt schließlich ist die Kugel, die in der Mulde liegt, die die 3 vorigen Kugeln bilden, und die natürlich in der oberen Schicht liegt.

 

eine Kugel, ihre Nachbarn und 6 Tetraeder

Bild 24 : Eine gegebene Kugel der kubisch–dichtesten Kugelpackung, die von ihren 12 Nachbarkugeln umgeben ist, dazu 6 Tetraeder, an denen die Mittelkugel beteiligt ist.

Analog zum vorigen Absatz lassen sich auch mit den Kugeln der unteren Schicht 3 weitere Tetraeder konstruieren, die Sie in Bild 24 sehen. Wieder hat jeder Tetraeder sowohl die Mittelkugel, 2 Kugeln der mittleren und eine der unteren Schicht als Ecken. Da die Kugeln der unteren Schicht nicht über denen der oberen Schicht liegen, liegen auch die neuen, schokoladenbraunen Tetraeder nicht direkt unter den alten, orangenen Tetaredern, sondern sind (natürlich neben der Spiegelung an der Ebene der mittleren Schicht) noch um 60 Grad gedreht.

 

eine Kugel und ihre 8 Tetraederlücken

Bild 25 : 2 weitere Tetraeder sind dazugekommen, und es ist klar, die Mittelkugel ist an 8 Tetraedern beteiligt.

Zwei hab ich noch. Bei einem der beiden restlichen Tetraeder bildet die Mittelkugel eine Ecke. Die Basis bilden die 3 durchsichtigen Kugeln der oberen Schicht. Der letzte ist spiegelverkehrt dazu und um 60 Grad gedreht. Seine Ecken sind die Mittelkugel und die 3 durchsichtigen Kugeln der unteren Ebene. Diese 2 Tetraeder sind in Bild 25 gelb eingezeichnet.

Die Anfangsfrage ist nun beantwortet. Jede Kugel ist an 8 Tetraedern beteiligt.

 

Wir wissen aber noch nicht, wieviele Tetraederlücken es gibt. Das ist aber leicht herauszufinden. Betrachten wir dazu eine Gruppe aus n Kugeln. Da jede Kugel an 8 Tetraedern beteiligt ist, kann man 8n Tetraeder konstruieren. Nun müssen wir nur noch beachten, dass wir jeden Tetraeder 4 mal konstruiert haben, denn er hat ja 4 Kugeln, und bei jeder dieser Kugeln haben wir ihn konstruiert. Die Gesamtzahl der Tetraeder muss also durch 4 geteilt werden, und wir erhalten 2n Tetraeder.

Eine Gruppe aus n Kugeln hat 2n Tetraederlücken. Es gibt also doppelt so viele Tetraederlücken wie Kugeln (=Atome).

Sehen Sie sich in einer JSmol–Visualisierung die Konstruktion der Tetraederlücken an. Rufen Sie die Jsmol–Visualisierung auf und ändern Sie Größe und Transparenz der Kugeln, so dass Ihnen die Szene übersichtlich erscheint. Blenden Sie die Tetraeder ein und wieder aus, und füllen Sie sie mit kleinen roten Kugeln. Betrachten Sie die Szene aus vielen Richtungen.

Wo liegen die Tetraederlücken ?

Es geht in diesem Abschnitt um die Frage, wie die Tetraederlücken in Bezug auf ein gegebenes Atom angeordnet sind. Naja, sie liegen drumherum. Kann man Genaueres sagen, wie sie um ein Atom herum angeordnet sind ? Ja, natürlich kann man das.

Sehen Sie sich dazu Bild 26 an. Es enthält (neben dem gegebenen Atom und seinen Nachbarn) 8 Tetraeder. In ihrem Innern sind die 8 Tetraederlücken, die das Atom umgeben. Im folgenden werden wir die Tetraederlücken durch kleine, rote Kugeln darstellen, die jeweils im Schwerpunkt der Lücke liegen.

 

Anordnung der Tetraederlücken

Bild 26 : Die roten Kugeln sind an den Mittelpunkten der Tetraederlücken. Eine ist mit ihren 3 Nachbarn verbunden.

Fangen wir in Bild 26 mit einem der orangen Tetraeder und der roten Kugel in seinem Innern an. Es ist derjenige, der auf Bild 25 links vorn ist. Nun suchen wir die nächsten Nachbarn dieser Kugel. Es sind nicht diejenigen in derselben Schicht (die also auch im Innern der orangen Tetraeder liegen würden). 2 der nächsten Nachbarn finden wir vielmehr in der unteren Schicht (also im Innern der schokoladenbraunen Tetraeder), den dritten direkt über der blauen Mittelkugel (also im oberen gelben Tetraeder). Verbindet man die erste Kugel mit ihren 3 Nachbarn, bilden die Verbindungslinien jeweils rechte Winkel. Vielleicht ahnen Sie schon, welcher einfache geometrische Körper entstehen wird.

 

Anordnung der Tetraederlücken

Bild 27 : Die Mittelpunkte von 2 Tetraederlücken oberhalb der mittleren Kugelschicht sind mit ihren nächsten Nachbarn verbunden.

Gehen wir nun zum nächsten orangen Tetraeder. Es ist der (in Bild 25) vorn rechts liegende. Wir suchen die nächsten Nachbarn der roten Kugel in seinem Innern und erwarten, keine Überraschung zu erleben. Unsere Erwartung wird nicht enttäuscht. In Bild 27 sehen Sie, dass 2 der Nachbarn in der unteren Schicht sind, der dritte über der blauen Mittelkugel.

 

8 Tetraederlücken scheinen einen Würfel zu bilden

Bild 28 : Verbindet man die Mittelpunkte weiterer Tetraederlücken, scheint sich ein Würfel zu bilden.

Im nächsten Schritt geht es um die letzte rote Kugel, die in einem der orangen Tetraeder liegt. In Bild 28 sehen Sie die Verbindungen zwischen ihr und ihren 3 nächsten Nachbarn.

 

8 Tetraederlücken bilden einen Würfel

Bild 29 : Ja wirklich. Alle 8 Tetraederlücken sind verbunden, der Würfel ist perfekt.

Zum guten Schluss verbinden wir noch die letzte, übrig gebliebene Kugel mit ihren 3 nächsten Nachbarn, und der Würfel ist perfekt. Naja, in Bild 29 liegt er ein wenig schräg im Raum, aber das lässt sich ändern.

 

8 Tetraederlücken bilden einen Würfel

Bild 30 : Nun sieht der Würfel so aus, wie man ihn kennt.

In die richtige Richtung gedreht, so wie in Bild 30, sieht der Würfel aus, wie man Würfel von Bildern kennt. Dafür sind die Kugelschichten in die Schräge gedreht.

Damit sehen wir einen zweiten Grund, warum die kubisch–dichteste Kugelpackung kubisch heißt.

 

Insgesamt können wir festhalten : Jede Kugel der kubisch–dichtesten Kugelpackung wird von 8 Tetraederlücken umgeben. Die Lücken umgeben die Kugel in Form eines Würfels. Dies ist (im Gegensatz zur hexagonal–dichtesten Kugelpackung) ein ziemlich symmetrischer Körper, und es ist leicht zu sehen, dass alle Schwerpunkte der Tetraederlücken (also alle roten Kugeln) denselben Abstand von der blauen Mittelkugel haben, nämlich das 1,2247–fache des Radius dieser Kugel. Die Berechnung dieser Zahl können Sie weiter unten nachlesen, in der mathematischen Beschreibung der Kugelpackung, in Abschnitt 7.2.3.8.

Sehen Sie sich in einer JSmol–Visualisierung den Würfel an, den die Schwerpunkte der Tetraederlücken rund um eine Kugel bilden. Rufen Sie die JSmol–Visualisierung auf und ändern Sie Größe und Transparenz der Kugeln, so dass Ihnen die Szene übersichtlich erscheint. Blenden Sie den Würfel in mehreren Schritten ein und wieder aus. Wenn Sie wollen, können Sie auch die Tetraeder ein– und ausblenden, jedoch kann dies die Szene unübersichtlich machen. Betrachten Sie die Szene aus vielen Richtungen. Aus „Richtung 1” sehen Sie den Würfel aus einer gewohnten Richtung.

7.3.2.5. Oktaederlücken

Die Besprechung der Oktaederlücken erfolgt in Analogie zu den Tetraederlücken. Sie werden hier wie dort dieselben Argumentationslinien finden. Ich werde aber nicht auf den Abschnitt über die Tetraederlücken verweisen und einfach sagen „Sehen Sie doch dort nach, wie die Zusammenhänge sind”, sondern auch die Oktaederlücken in der gewohnten Art behandeln, und mich damit zwangsweise öfter wiederholen.

Wie die Tetraederlücken sind auch die Oktaederlücken Lücken zwischen den Atomen zweier Schichten. Da das Aufeinanderlegen von 2 Atomschichten bei der hexagonal–dichtesten und der kubisch–dichtesten Kugelpackung identisch ist (Unterschiede finden sich erst in der dritten Schicht), ist dieser Abschnitt dem analogen Abschnitt der hexagonal–dichtesten Kugelpackung identisch.

Was ist eine Oktaederlücke ?

 

 

Kugel in einer Mulde

Bild 31 : Die Kugeln der zweiten Schicht liegen über den schwarzen Markierungen. Dort sind Tetraederlücken.

Die Bildung der Oktaederlücken ist etwas schwieriger zu verstehen als die der Tetraederlücken. Wir gehen daher kurz zum Beginn dieser Seite zurück. Dort haben wir eine Schicht Kugeln genauer angesehen. Jeweils 3 Kugeln haben eine Mulde gebildet. Die Hälfte der Mulden hatten wir schwarz markiert, die andere Hälfte weiß. In die Mulden mit der schwarzen Markierung hatten wir die Kugeln der zweiten Schicht gelegt. Dadurch haben sich Lücken gebildet, die von 4 Kugeln umschlossen waren – dies waren die Tetraederlücken. Sie sehen die Situation in Bild 31, das identisch mit Bild 3 ist. Aber was passiert mit den weiß markierten Mulden ?

 

3 Kugeln in gleich markierten Mulden

Bild 32 : 3 Kugeln sind markiert.

Um das herauszufinden, markieren wir in der Kugelschicht 3 benachbarte Kugeln, indem wir sie undurchsichtig kupferfarben lassen, während die anderen Kugeln durchsichtig gezeichnet sind. Zwischen den 3 markierten Kugeln ist eine weiße Markierung (Bild 32).

 

6 markierte Kugeln

Bild 33 : 6 Kugeln sind markiert.

Im nächsten Schritt legen wir auf die Mulden mit der schwarzen Markierung, die der weißen Markierung am nächsten liegen, Kugeln. Es gibt 3 solcher Mulden, also auch 3 neue Kugeln. Natürlich liegen sie in der zweiten Schicht. Die 3 markierten Kugeln der ersten Kugelschicht und die die 3 neuen Kugeln (auch sie sind markiert, d.h. undurchsichtig) liegen rund um die weiße Markierung. Die weiße Markierung ist also von 6 Kugeln umgeben (Bild 33).

 

Oktaeder aus 6 Kugeln Oktaeder aus 6 Kugeln

Bild 34 : Auf dem ersten Bild sehen Sie den Oktaeder von schräg unten, auf dem zweiten so, wie man Oktaeder kennt – als Doppelpyramide.

Um die Umgebung der weißen Markierungen zu verstehen, brauchen wir die durchsichtigen Kugeln nicht mehr. Deshalb sehen Sie in Bild 34 nur noch die 6 markierten Kugeln. Sie sind jetzt durchsichtig gezeichnet, denn dann sehen Sie die Verbindungslinien zwischen den Kugelmittelpunkten. Können Sie auf dem linken Bild schon erkennen, dass die 6 Kugelmittelpunkte einen Oktaeder bilden ? Nein ? Ehrlich gesagt, ich auch nicht. Drehen wir also das linke Bild ein wenig um die x–Achse, und wir erhalten das rechte Bild. Hier sehen Sie den Oktaeder deutlich.

 

Jede weiße Markierung ist ein Gebiet zwischen Atomen. Sie ist von 6 Atomen oktaederförmig umgeben. Daher nennt man sie eine Oktaederlücke. Sehen Sie sich die Oktaederlücken in einer JSmol–Visualisierung an. Bauen Sie die Oktaederlücken wie in der Beschreibung dieses Abschnitts schrittweise auf. Betrachten Sie die Szene aus verschiedenen Richtungen.

Wie viele Oktaederlücken gibt es ?

Dazu werden wir untersuchen, zu wievielen Oktaedern (und damit auch Oktaederlücken) eine gegebene Kugel gehört, das heißt, an wievielen Oktaedern sie beteiligt ist. Diese Kugel ist auf den Bildern der linken Spalte immer undurchsichtig und dunkelblau.

 

eine Kugel, ihre Nachbarn und eine Oktaederlücke

Bild 35 : Die gegebene Kugel ist an mindestens einem Oktaeder beteiligt.

Im Detail werden wir nun etwas anders vorgehen als bei den Tetraederlücken. In Bild 35 sehen Sie in der Mitte die gegebene Kugel, dunkelblau und undurchsichtig. Sie ist umgeben von 6 Kugeln der gleichen Schicht, kupferfarben und undurchsichtig. Darüber sind Kugeln der nächsten Schicht, durchsichtig gezeichnet. Die Mittelpunkte von 3 Kugeln der oberen Schicht bilden zusammen mit den Mittelpunkten von 3 Kugeln der unteren Schicht einen Oktaeder. Er ist rot eingezeichnet. Wie die Kugeln der oberen Schicht in den Mulden, die von Kugeln der mittleren Schicht gebildet werden, liegen, sehen Sie auf Bild 35 nicht deutlich. Nutzen Sie dafür die JSmol–Visualisierung am Ende dieses Abschnitts.

 

eine Kugel, ihre Nachbarn und 2 Oktaederlücken

Bild 36 : Die gegebene Kugel ist an mindestens zwei Oktaedern beteiligt.

Im nächsten Schritt erinnern wir uns an die Anordnung der Kugelschichten in der kubisch–dichtesten Kugelpackung. Über der gegebenen Schicht von Kugeln liegt eine Schicht von Kugeln, und natürlich auch darunter. Diese beiden Schichten (gemeint sind die über und die unter der gegebenen Schicht) liegen nicht wie bei der hexagonal–dichtesten Kugelpackung genau übereinander, sondern sind gegeneinander versetzt.

3 Kugeln der gegebenen Schicht und 3 Kugeln der darüberliegenden Schicht bilden ein Oktaeder, und genauso bilden 3 Kugeln der gegebenen Schicht (es sind aber nicht dieselben) mit 3 Kugeln der darunterliegenden Schicht ein Oktaeder. Da die beiden Schichten nicht übereinander liegen, liegen auch die Oktaeder nicht übereinander, sondern sind gegeneinander versetzt.

In Bild 36 sehen Sie diese Situation. Die gegebene Kugel ist nun schon an 2 Oktaedern beteiligt.

 

eine Kugel und ihre 6 Oktaederlücken

Bild 37 : Die gegebene Kugel ist insgesamt an 6 Oktaedern beteiligt.

Der dritte und letzte Schritt ist einfach. In den vorigen beiden Schritten hatten wir Oktaeder konstruiert, an denen die gegebene Kugel und 2 ihrer Nachbarn in der gleichen Schicht beteiligt waren. Die gegebene Kugel hat in der gleichen Schicht insgesamt 6 Nachbarn, also können wir die Schritte von eben noch zweimal wiederholen, und wir erhalten 4 weitere Oktaeder, an denen die gegebene Kugel beteiligt ist.

Die Anfangsfrage ist nun beantwortet. Jede Kugel ist an 6 Oktaedern beteiligt. Bild 37 zeigt sie.

 

Wir wissen aber noch nicht, wieviele Oktaederlücken es gibt. Das ist leicht herauszufinden. Betrachten wir dazu eine Gruppe aus n Kugeln. Da jede Kugel an 6 Oktaedern beteiligt ist, kann man 6n Oktaeder konstruieren. Nun müssen wir nur noch beachten, dass wir jeden Oktaeder 6 mal konstruiert haben, denn er hat ja 6 Kugeln, und bei jeder dieser Kugeln haben wir ihn konstruiert. Die Gesamtzahl der Oktaeder muss also durch 6 geteilt werden, und wir erhalten n Oktaeder.

Eine Gruppe aus n Kugeln hat n Oktaederlücken. Es gibt also genauso viele Oktaederlücken wie Kugeln (=Atome).

Sehen Sie sich in einer JSmol–Visualisierung die Konstruktion der Oktaederlücken an. Rufen Sie die JSmol–Visualisierung auf und ändern Sie Größe und Transparenz der Kugeln, so dass Ihnen die Szene übersichtlich erscheint. Blenden Sie die Oktaeder ein und wieder aus, und füllen Sie sie mit grünen Kugeln. Betrachten Sie die Szene aus vielen Richtungen.

Wo liegen die Oktaederlücken ?

Sehen Sie sich zuerst Bild 37 an. Es enthält (neben mehreren Atomen) 6 Oktaeder. In ihrem Innern sind die 6 Oktaederlücken, die das Atom umgeben. Im folgenden werden wir die Oktaederlücken durch grüne Kugeln darstellen, die jeweils im Schwerpunkt der Lücke liegen.

 

eine Oktaederlücke und ihre Nachbarn

Bild 38 : Eine grüne Kugel und ihre Nachbarn.

Sehen wir uns erst eine der Oktaederlücken an. Sie gehört zu dem magentafarbenen Oktaeder rechts unten, und sie hat 4 Nachbarn. Das heißt, 4 der anderen Oktaederlücken sind gleichweit von ihr entfernt, die fünfte ist weiter weg. Das ist leicht zu begründen. Der magentafarbene Oktaeder hat 4 Oktaeder als Nachbarn. Mit diesen hat er eine gemeinsame Kante. Nur der blaue Oktaeder ist weiter entfernt. Der magentafarbene und der blaue Oktaeder haben nur eine gemeinsame Ecke.

Diese erste magentafarbene Lücke ist mit ihren 4 Nachbarn durch grüne Linien verbunden (Bild 38). Was wird wohl für ein geometrischer Körper entstehen, wenn man alle Kugeln mit ihren Nachbarn verbindet ? Man sieht es noch nicht.

 

Verbindungen zwischen den Oktaederlücken

Bild 39 : Von den 2 gegenüberliegenden Kugeln gehen insgesamt 8 Verbindungslinien zu den jeweiligen Nachbarn aus.

Sehen wir uns als nächstes die Okatederlücke an, die der eben betrachteten gegenüber liegt. Sie gehört zu dem blauen Oktaeder, und natürlich hat sie auch 4 Nachbarn – nämlich alle außer dem magentafarbenen. Wir verbinden die Kugel in ihrem Innern mit den Kugeln im Innern der 4 Nachbaroktaeder durch grüne Linien (Bild 39).

 

Verbindungen zwischen den Oktaederlücken

Bild 40 : 12 grüne Linien bilden einen einfachen geometrischen Körper. Aber welchen ?

Natürlich haben nicht nur der magentafarbene und der blaue Oktaeder 4 Nachbarn, sondern alle. Wir vervollständigen das Bild, indem wir auch die Kugeln im Innern der anderen Oktaeder mit den jeweiligen Nachbarkugeln verbinden. Insgesamt haben wir nun 12 grüne Verbindungslinien. Bestimmt sehen Sie schon in Bild 40, welchen einfachen geometrischen Körper diese Linien bilden. Oder doch nicht ?

 

Die Oktaederlücken bilden einen Oktaeder

Bild 41 : Wenn man ihn aus der richtigen Richtung betrachtet, sieht der Oktaeder wie ein Oktaeder aus.

Also drehen wir die Szene ein wenig. Nun ist es klar. Die Mittelpunkte der Oktaederlücken bilden wieder einen Oktaeder (Bild 41).

 

Insgesamt können wir festhalten : Jede Kugel der kubisch–dichtesten Kugelpackung wird von 6 Oktaederlücken umgeben. Die Lücken umgeben die Kugel in Form eines Oktaeders. Alle Schwerpunkte der Oktaederlücken haben denselben Abstand von der gegebenen Kugel, nämlich das 1,4142–fache des Radius dieser Kugel. Die Berechnung dieser Zahl können Sie weiter unten nachlesen, in der mathematischen Beschreibung der Kugelpackung, in Abschnitt 7.2.3.9. Die Oktaederlücken sind also viel größer als die Tetraederlücken.

Sehen Sie sich in einer JSmol–Visualisierung den Oktaeder an, den die Schwerpunkte der Oktaederlücken rund um eine Kugel bilden. Rufen Sie die JSmol–Visualisierung auf und ändern Sie Größe und Transparenz der Kugeln, so dass Ihnen die Szene übersichtlich erscheint. Blenden Sie den Oktaeder ein und wieder aus. Wenn Sie wollen, können Sie auch die Oktaederlücken ein– und ausblenden, jedoch kann dies die Szene unübersichtlich machen. Betrachten Sie die Szene aus vielen Richtungen. Insbesondere „Richtung 5” zeigt den Oktaeder deutlich.

7.3.2.6. Vertreter

Kupfer

Bild 42 : Dieses Stück gediegenes Kupfer stammt aus Michigan/USA und ist knapp 6 cm groß. Es besteht aus unzähligen winzigen Kristallen, in denen die Atome in der kubisch–dichtesten Packung angeordnet sind.

In der kubisch–dichtesten Kugelpackung kristallisieren Edelgase und Metalle. Bei Normalbedingungen (T = 25°C, p = 1 bar) gehören dazu die unten Aufgezählten.

Ich habe die Liste aus dem englische Flagge PSE von Mark Winter (Lit. L–122) zusammengestellt. Dort finden Sie auch zu jedem Element Nachweise von Originalliteratur zur Kristallstruktur.

7.3.2.7. Elementarzelle und Atompositionen

Die Bilder in den vorigen Abschnitten haben Ihnen einen anschaulichen Eindruck von der kubisch–dichtesten Kugelpackung gegeben, und vielleicht können Sie sich nun diese Packung ganz leicht vor Ihrem geistigen Auge vorstellen, ihren Aufbau aus Kugeln, und den Tetraederlücken und Oktaederlücken dazwischen.

In den folgenden Unterabschnitten wird es um eine möglichst exakte Beschreibung der kubisch–dichtesten Kugelpackung gehen, entsprechend Kapitel 7.1.3. bis Kapitel 7.1.6. Diese Beschreibung erfolgt zwar mathematisch, aber immer graphisch unterstützt.

Als erstes werde ich die Elementarzelle vorstellen und die Atompositionen benennen (mehr zu diesen Begriffen in Kapitel 7.1.3).

Elementarzelle der kubisch dichtesten Packung

Bild 43 : Elementarzelle der kubisch–dichtesten Kugelpackung.

Wie sieht die Elementarzelle aus ?

Die Elementarzelle sieht aus wie in Bild 43. Sie sehen deutlich, dass die Elementarzelle ein Würfel ist. An jeder der 8 Würfelecken ist ein Atom. 4 weitere Atome liegen gut erkennbar auf den Mittelpunkten der Würfelfächen. 2 Atome scheinen frei im Raum zu schweben – sie liegen auf den Mittelpunkten der vorderen und der hinteren Würfelfläche.

Schon in Abschnitt 7.3.2.2. hatten Sie diese Elementarzelle kennen gelernt. Dort können Sie sie in den Bildern 15 und 16 sehen. Die Kugeln an den Würfelecken sind blau markiert, und die an den Flächenmittelpunkten mattgrün.

Wieviele Atome enthält die Elementarzelle ?

In Bild 43 sehen Sie, dass an jeder der 8 Ecken des Würfels ein Atom sitzt. Daraus ergibt sich, dass die Elementarzelle erst mal ein Atom enthält. 6 weitere Atome sind in den Mitten der Würfelflächen. Für die Elementarzelle ergeben sich 3 weitere Atome.

Eine Begründung für die beiden Folgerungen (ein bzw. 3 Atome) finden Sie in Kapitel 7.1.3.4.

Insgesamt enthält die Elementarzelle der kubisch–dichtesten Kugelpackung also 4 Atome.

Sehen Sie sich in einer JSmol–Visualisierung die Elementarzelle an.

Wie groß ist die Elementarzelle ?

Das kommt darauf an, wie groß die Kugeln sind, werden Sie jetzt vielleicht sagen. Und da haben Sie Recht.

Hier soll es aber nicht um die absolute Größe der Elementarzelle gehen (die man zum Beispiel in Picometern messen könnte), sondern um die Größe der Elementarzelle im Verhältnis zur Größe der Kugeln, aus denen sie aufgebaut ist. Dazu reicht es, die Kantenlänge a des Würfels zu kennen, denn die Gesamtgröße (das Volumen also) kann man daraus schnell zu a3 berechnen.

Im Folgenden werde ich den Radius der Kugeln r nennen.

Ein naiver Gedanke. – An 2 benachbarten Würfelecken liegt je eine Kugel mit dem Radius r. Und weil es ja eine dichteste Kugelpackung ist, liegen die Kugeln dicht an dicht. Der Abstand der beiden Ecken ist also das Doppelte des Kugelradius. Es muss gelten : a = 2 r.

Eine bessere Argumentation. – Schon beim Betrachten von Bild 43 kann der Gedanke entstehen, dass die Idee vom vorigen Absatz allzu naiv war. Der Abstand einer Kugel an einer Würfelecke zu einer Kugel in der Flächenmitte ist kleiner als der zur Nachbar–Eckkugel.

Um nun Nägel mit Köpfen machen zu können, sehen wir uns Bild 44 an.

Elementarzelle der kubisch dichtesten Packung

Bild 44 : Elementarzelle der kubisch–dichtesten Kugelpackung.

Es zeigt dieselbe Elementarzelle wie Bild 43, aber mit einigen Unterschieden.

Fußnote 1 : Auch auf einem anderen Bild finden Sie die 6 undurchsichtigen Kugeln wieder. Es ist Bild 17. Sie betrachten den Würfel zum Beispiel in Richtung der roten Raumdiagonale so, dass eines der beiden roten Atome vorn liegt. Die 6 undurchsichtigen Kugeln liegen nun auf einer der roten Ebenen. Es sind eine blaue, eine gelbe und eine grüne Kugel an den Ecken sowie 3 dort nicht gezeichnete Kugeln auf den Flächendiagonalen.

3 der 6 Kugeln liegen auf Würfelecken, die anderen 3 in der Mitte von Würfelflächen. Und man sieht schnell, dass jede der 6 Kugeln 2 andere berührt. Es sieht so aus, als ob die Kugeln hier wirklich dicht an dicht liegen. Vergleichen Sie das Bild mit Bild 16, finden Sie die 6 Kugeln gleich wieder. Es sind 3 blaue und 3 hellgrüne, die alle in einer Schicht liegen. Die undurchsichtigen Kugeln sind also ein Ausschnitt aus einer Kugelschicht. Es sieht nicht nur so aus, dass die Kugeln dicht nebeneinander liegen, sie tun es tatsächlich (→ Fußnote 1).

Fußnote 1 : Auch auf einem anderen Bild finden Sie die 6 undurchsichtigen Kugeln wieder. Es ist Bild 17. Sie betrachten den Würfel zum Beispiel in Richtung der roten Raumdiagonale so, dass eines der beiden roten Atome vorn liegt. Die 6 undurchsichtigen Kugeln liegen nun auf einer der roten Ebenen. Es sind eine blaue, eine gelbe und eine grüne Kugel an den Ecken sowie 3 dort nicht gezeichnete Kugeln auf den Flächendiagonalen.

Nun ist es leicht, die Größe der Elementarzelle zu bestimmen.

Die Grundidee ist, dass auf einer Flächendiagonalen 3 Kugeln liegen.

Hat der Würfel die Kantenlänge a, hat die Flächendiagonale die Länge d = sqrt(2) a. Andererseits hat die Flächendiagonale eine Länge von 4 Kugelradien r. Auf der Diagonalen liegen 2 von den Eckkugeln stammende Radien, dazu der Durchmesser (doppelter Radius) der Kugel in der Mitte.

Also gilt

sqrt(2) a = 4 r

Daraus folgt

a =
4 sqrt(2)
r = 2 ⋅ sqrt(2) r ≈ 2,828 r

Damit können wir auch das Volumen der Elementarzelle berechnen.

Es gilt

V = a3 = 16 ⋅ sqrt(2) r 3 ≈ 22,627 r 3

Die Raumerfüllung. – In der Elementarzelle sind 4 Kugeln. Der Radius einer Kugel ist r, ihr Volumen ist V = 4/3 π r3 ≈ 4,189 r3. 4 Kugeln haben also ein Volumen von etwa 16,76 r3.

Für die Raumerfüllung R der Kugeln in der kubisch–dichtesten Kugelpackung ergibt sich

R =
VKugeln VZelle
=
4 ⋅ 4/3 π r3 16 ⋅ sqrt(2) r3
=
π 3 ⋅ sqrt(2)
≈ 0,74048

Ganz nebenbei haben wir den bekannten Wert für die Raumerfüllung hergeleitet. Die Kugeln nehmen 74,05 Prozent des vorhandenen Raumes ein.

Atompositionen – anschaulich

Die Rolle der Kristallkoordinaten. – Wenn man Kristallkoordinaten benutzt, wie ich sie in Kapitel 7.1.3.3. beschrieben habe, ist es leicht, die Positionen der Atome anzugeben. Falls Ihnen dieses Hilfsmittel vertraut ist, können Sie einen Absatz überspringen und dann weiterlesen. Andernfalls sehen Sie sich Bild 45 an. Es ist Bild 43 ähnlich, jedoch habe ich dort die Koordinatenachsen eingezeichnet und die Koordinaten einiger Atome angegeben.

Sehen Sie das Koordinatensystem der Elementarzelle in einer JSmol–Visualisierung an.

Elementarzelle der kubisch dichtesten Packung

Bild 45 : Elementarzelle der kubisch–dichtesten Kugelpackung mit Koordinatensystem.

Die Einheiten auf allen 3 Achsen sind gleich groß. Das erstaunt niemanden, denn die Elementarzelle ist ein Würfel, und alle seine Kanten haben die gleiche Länge. Alle 3 Achsen stehen senkrecht aufeinander, denn auch die Würfelkanten tun das.

Das Koordinatensystem der kubisch–dichtesten Kugelpackung ist also das, das Sie schon aus der Schule kennen. Dort nennt man es gern kartesisches Koordinatensystem.

Das erste Atom. – Die Position eines Atoms der Elementarzelle ist nun klar. Es ist im Ursprung, hat also die Koordinaten (0/0/0).

Die anderen 7 Atome an den Ecken der Elementarzelle gehören formal zu anderen, benachbarten Elementarzellen (mehr dazu in Kapitel 7.1.3.4). Ihre Koordinaten sind (0/0/1), (0/1/0), (0/1/1), (1/0/0), (1/0/1), (1/1/0) und (1/1/1).

Die anderen Atome. – Die Elementarzelle enthält 4 Atome. Welche Positionen nehmen die anderen 3 ein ?

Es ist schon oft gesagt worden. Sie liegen in der Mitte der 6 Würfelflächen. Sehen wir uns zuerst dasjenige an, dass in der Mitte der (im Bild) vorderen Fläche liegt. Die a– und b–Koordinate sind jeweils 0,5, und die c–Koordinate ist 0. Auch bei allen anderen Atomen in den Flächenmitten sind 2 Koordinaten 0,5, und die dritte beträgt 0.

Die anderen 3 Atome der Elementarzelle haben die Koordinaten ( 0,5 / 0,5 / 0 ), ( 0,5 / 0 / 0,5 ) und ( 0 / 0,5 / 0,5 ).

Vielleicht sagen Sie jetzt, da habe ich etwas übersehen, denn es gibt auch Atome (auf der rechten, oberen und hinteren Fläche), bei denen eine Koordinate 1 ist. Nun ja, diese Atome sind im Bild der Elementarzelle zu sehen, aber sie gehören formal zu anderen, benachbarten Elementarzellen (mehr dazu in Kapitel 7.1.3.4).

Die 3 Atome, die in Bild 45 auf Flächenmitten zu sehen sind, aber zu Nachbarzellen gehören, haben die Koordinaten ( 0,5 / 0,5 / 1 ), ( 0,5 / 1 / 0,5 ) und ( 1 / 0,5 / 0,5 ).

Elementarzelle und Atompositionen – formal

Zum Schluss gebe ich (in Tabelle 1) die Beschreibung der Elementarzelle und der Atomposition an, so wie es in Kapitel 7.1.3.5. beschrieben ist.

Die Beschreibung erfolgt am Beispiel von Kupfer, das oft als Prototyp der kubisch–dichtesten Kugelpackung angesehen wird.

Tabelle 1 : Beschreibung der Elementarzelle von Kupfer als Prototyp der kubisch–dichtesten Kugelpackung

 

7.3.2.8. Tetraederlücken – Beschreibung mit Mathematik

Wie groß sind die Tetraederlücken ?

Es geht hier nicht darum, das Volumen des Raumes zwischen den 4 Kugeln, die die Lücke umgeben, mit allen seinen Ausbuchtungen und Verzweigungen zu berechnen. Vielmehr will man wissen, wie groß eine Kugel höchstens sein darf, um in eine Tetraederlücke zu passen. Grund dieses Interesses ist, dass sich von der kubisch–dichtesten Kugelpackung eine Menge anderer Kristallstrukturen ableiten, bei denen Tetraederlücken mit anderen Atomen gefüllt sind.

 

Tetraeder, durch eine Ebene halbiert

Bild 46 : Ein Tetraeder, durch eine Ebene halbiert.

Zur Untersuchung der Größe der Tetraederlücken halbieren wir einen Tetraeder. Wir tun dies, indem wir eine Ebene so durch den Tetraeder legen, dass sie durch 2 Eckpunkte geht und 2 Seiten halbiert. Bild 46 zeigt die Situation.

Die Ebene geht durch die beiden undurchsichtigen, kupferfarbenen Kugeln hinten und oben (es sind Ecken des Tetraeders) und durch die kleine rote Kugel in der Mitte des Tetraeders (sie füllt die Tetraederlücke aus). Mit den beiden anderen Ecken des Tetraeders, den durchsichtigen Kugeln vorn rechts und vorn links, hat die Ebene genau einen gemeinsamen Punkt. Sie ist Tangente an diese Kugeln.

Sehen Sie den durch eine Ebene halbierten Tetraeder in einer kleinen JSmol–Visualisierung an.

 

Schnittebene durch einen Tetraeder

Bild 47 : Schnittebene durch einen Tetraeder. Die Ebene geht durch 2 Ecken und den Schwerpunkt. Sie halbiert den Tetraeder.

Im nächsten Schritt sehen wir uns die Schnittebene an. Sie können sie in Bild 47 sehen. Die 2 blauen Kreise sind Schnitte durch die Kugeln der Kugelpackung. Der rote Kreis ist ein Schnitt durch eine Kugel, die die Tetraederlücke gerade ausfüllt. Wir führen einige Bezeichnungen ein und können schnell Aussagen über Stücke der Zeichnung machen.

  • rK : Radius der blauen Kugeln
  • rL : Radius der roten Kugel
  • AB : Die Strecke AB hat die Länge 2rK. Sie ist eine Kante des Tetraeders. Nenne die Länge dieser Strecke dAB. Es ist also dAB = 2rK.
  • AC und BC : Die Strecken AC und BC sind Seitenhalbierende der Tetraederflächen (denn wir haben die Schnittebene ja so gelegt, dass sie den Tetraeder halbiert). Ihre Länge brauchen wir nicht. Wichtig ist nur, dass jede Höhe des Tetraeders (er hat 4) ihren Fußpunkt auf der Seitenhalbierenden der gegenüberliegenden Fläche hat, und …
  • BH ist eine Höhe des Tetraeders. Ihre Länge sei dh. Eine Formelsammlung sagt uns, dass gilt : dh = sqrt(2/3) ∗ dAB. Es folgt dh = sqrt(2/3) ∗ 2 ∗ rK.

 

Nun sollten wir uns Gedanken über den Mittelpunkt M der roten Kugel machen. 2 Fragen stellen sich :

Hier sind die Antworten.

Die Berechnung von rL ist nun einfach. Wir nutzen aus, dass der Schwerpunkt M des Tetraeders die Höhe im Verhältnis 3:1 teilt. Für die Länge dBM der Strecke BM gilt also dBM = 3/4 ∗ dh. Es folgt dBM = 3/4 ∗ sqrt(2/3) ∗ 2 ∗ rK = 1,2247 ∗ rK. Andererseits gilt dBM = rK + rL. Aus den beiden vorigen Gleichungen erhält man 1,2247 ∗ rK = rK + rL und daraus rL = 0,2247 ∗ rK.

Damit ist die Frage nach der Größe der Tetraederlücke beantwortet. Besteht die kubisch–dichteste Kugelpackung aus Kugeln mit dem Radius r, so haben die tetraedrischen Lücken einen Radius von rL = 0,2247 ∗ r.

Positionen und Ausrichtung der Tetraederlücken

Position. – Wo liegen die Tetraederlücken ? Und wieviele sind es eigentlich ? Haben Sie auch keinen Plan ? Ich auch erst mal nicht. In einer solchen Situation fange ich gern mit dem an, was ich sicher weiß.

In der Elementarzelle sind 4 Atome. In Kapitel 7.3.2.4. haben Sie erfahren, dass es pro Atom 2 Tetraederlücken gibt. In der Elementarzelle sind also 8 Tetraederlücken. – Acht ? – Ja, Acht. Und der Elementarzellenwürfel hat 8 Ecken, und in jeder sitzt ein Atom. Nehmen wir also ein Eckatom (zum Beispiel das im Ursprung) und sagen uns, bestimmt gehört es zu einer Tetraederlücke.

Der erste Tetraeder. – Nun suchen wir einen Tetraeder, der den Ursprung enthält. Ein Tetraeder hat 4 Ecken, die alle gleichweit voneinander entfernt sind. Wir brauchen also zuerst 3 Atome, die gleichweit vom Ursprung entfernt sind. Es sind 3 der Atome auf den Flächenmitten, und zwar die auf den an den Ursprung angrenzenden Flächen (also vorn, unten und links). Ihr Abstand zum Ursprung beträgt jeweils eine halbe Flächendiagonale. Bild 48 zeigt den Tetraeder. Die eben genannten Kanten sind rot markiert.

Kanten eines Tetraeders

Bild 48 : Kanten eines Tetraeders in der Elementarzelle. Mehr Info im Text.

Die 3 Atome auf den Flächenmitten müssen aber auch untereinander den Abstand „halbe Flächendiagonale” haben. Sehen Sie sich den Würfel an, und Sie erkennen, dass wir Glück gehabt haben. Die blauen Tetraederkanten in Bild 48 sind parallel zu einer der Würfelflächen (der vorderen, unteren und linken). Und alle Abstände zwischen den Tetraederecken betragen eine halbe Flächendiagonale. Die Kanten bilden wirklich einen Tetraeder.

Der Tetraeder ist da, aber wo ist die Tetraederlücke ? Oder anders gefragt, wo ist die Stelle, an der ein Atom oder eine Kugel liegt, das die Tetraederlücke besetzt ? Sie ist im Schwerpunkt des Tetraeders. Ähm, und wo ist der jetzt ? Dazu brauchen wir eine Formelsammlung. Die sagt uns, dass die Koordinaten des Schwerpunkts der Mittelwert der Eckpunktkoordinaten sind.

Die erste Tetraederlücke hat die Koordinaten ( 0,25 / 0,25 / 0,25 ).

Kann man sich die Lage dieser Tetraederlücke anschaulich vorstellen ? Ja. Denken Sie sich den Elementarzellenwürfel (er hat die Kantenlänge 1) in 8 kleine Würfel geteilt. Diese Achtelwürfel haben die Kantenlänge 0,5. Der Mittelpunkt des ersten Achtelwürfels ist also ( 0,25 / 0,25 / 0,25 ), und das ist die Position der Tetraederlücke.

Die übrigen Tetraeder. – Dieselben Gedankengänge können Sie noch 7 mal durchführen, für die anderen 7 Würfelecken. Es passiert immer dasselbe, und in den Bildern 49 und 50 können Sie es (ein Stück weit) sehen. Jeder der 7 Tetraeder hat eine Ecke an einer Würfelecke, er besetzt ein Achtel der Elementarzelle, und sein Mittelpunkt (Schwerpunkt) ist im Zentrum eines Achtelwürfels.

Die Koordinaten aller 8 Tetraederlücken in der Elementarzelle sind : ( 0,25 / 0,25 / 0,25 ), ( 0,25 / 0,25 / 0,75 ), ( 0,25 / 0,75 / 0,25 ), ( 0,25 / 0,75 / 0,75 ), ( 0,75 / 0,25 / 0,25 ), ( 0,75 / 0,25 / 0,75 ), ( 0,75 / 0,75 / 0,25 ) und ( 0,75 / 0,75 / 0,75 ).

Die Tetraederlücken der kubisch–dichtesten Kugelpackung liegen in den Mittelpunkten der Achtelwürfel.

 

3 Tetraeder in einem Würfel

Bild 49 : Hier sind schon 3 Tetraeder in der Elementarzelle angekommen. Je 2 davon haben eine gemeinsame Kante.

4 Tetraeder in einem Würfel

Bild 50 : Nun sind es 4 Tetraeder. Die pyramidenförmige Höhle ist gut zu sehen. Ob wir wohl etwas Passendes finden, um sie zu füllen ?

Ausrichtung. – In den Bildern 49 und 50 sind einige Dinge deutlich zu sehen.

Alle Tetraeder (in deren Schwerpunkt die Tetraederlücke ist) haben eine Ecke in einer Würfelecke, und sie sind ins Innere der Elementarzelle gerichtet.

Die Tetraeder sind nicht irgendwie ins Innere der Elementarzelle gerichtet, sondern in Richtung einer Raumdiagonale des Würfels. Genau : Die Tetraederfläche, die nicht die Würfelecke enthält, steht senkrecht auf einer Raumdiagonalen.

Und noch etwas ist ganz schnell klar. Weil der Würfel 4 Raumdiagonalen hat, sind die Tetraeder unterschiedlich ausgerichtet und bieten ein recht chaotisches Bild.

Erste Gedanken und bessere Gedanken. – Mit solchen Ganz–schnell–klar–Gedanken sind wir schon ein paarmal auf diesen Seiten hereingefallen, und auch hier zeigt sich, dass wir etwas übersehen haben.

Betrachten Sie noch einmal Bild 25. Dort sind 8 Tetraeder zu sehen. Sie liegen nicht alle in derselben Elementarzelle, sondern umgeben eine bestimmte Kugel in einer bestimmten Kugelschicht. Aber Sie können sich die Kugelschichten endlos fortgesetzt denken, und auch die Tetraeder werden dann auf gleiche Weise fortgesetzt. Alle Tetraeder (die die Tetraederlücken definieren) haben eine Fläche, die parallel zu den Kugelschichten liegt. Das bedeutet, dass die Senkrechte zu diesen Flächen auch senkrecht zu den Kugelschichten steht. Man kann sagen, alle Tetraeder haben die gleiche Ausrichtung.

Es gibt in Bild 25 aber 2 Arten von Tetraedern. Die eine Hälfte steht aufrecht auf der Kugelschicht, die andere hängt kopfüber an ihr. Man kann sagen, die Tetraeder haben 2 unterschiedliche Orientierungen.

Bevor wir versuchen, die gleiche Ausrichtung und die unterschiedliche Orientierung in den Bildern 49 und 50 wieder zu finden, machen wir uns noch einmal klar, dass die Raumdiagonalen des Würfels senkrecht auf den Kugelschichten stehen. Das habe ich in Kapitel 7.3.2.2. ausführlich erklärt, und in Bild 17 können Sie Ebenen, die Kugelschichten entsprechen, in einer Elementarzelle sehen.

 

3 Tetraeder auf derselben Raumdiagonalen

Bild 51 : 3 Tetraeder, auf derselben Raumdiagonalen, mit gleicher Ausrichtung.

Nun ist es Zeit, sich die Tetraeder noch einmal genau anzusehen. Betrachten Sie dazu zuerst Bild 51. Links unten im Bild ist ein Tetraeder. Eine seiner Ecken ist im Ursprung. Er ist in Richtung einer Raumdiagonalen ausgerichtet (das heißt, die Tetraederfläche, die nicht den Ursprung enthält, steht senkrecht zur Raumdiagonalen). Da der Würfel 8 Ecken, aber nur 4 Raumdiagonalen besitzt, muss auf derselben Raumdiagonalen ein weiterer Tetraeder sein. Er ist in Bild 51 rechts oben in der Elementarzelle zu finden. Dann habe ich den Tetraeder aus dem Ursprung um je eine Einheit in x–, y– und z–Richtung verschoben und dazu gezeichnet. Er hat mit dem zweiten Tetraeder einen gemeinsamen Punkt. Beide haben die gleiche Richtung (längs der Raumdiagonalen), aber unterschiedliche Orientierung (→ Fußnote 2).

Fußnote 2 : Würde man die beiden Tetraeder im Innern der Elementarzelle längs der Raumdiagonalen zusammenschieben, würden sie sich zwar auf einer gemeinsamen Ebene treffen, aber nicht exakt (Kugel auf Kugel) passen. Dazu müsste man den einen erst um 60 Grad drehen. Aber das haben Sie bestimmt schon in Bild 25 gesehen.

 

Wenn Sie Bild 51 mit Bild 25 vergleichen, finden Sie dieselben Tetraeder gleich wieder, einmal mit gelben Kanten, dann magenta mit blauen Kanten.

2 von 8 Tetraedern haben die gleiche Ausrichtung. Aber was ist mit den anderen 6 ?

Einen ersten kleinen Hinweis finden Sie in Bild 49. Dort scheinen 2 der 3 Tetraeder genau die gleiche Schattierung (hervorgerufen durch simulierte Beleuchtung) zu haben. Ist das Zufall, oder haben die beiden, gewiss nicht auf derselben Raumdiagonalen liegenden, Tetraeder etwa die gleiche Ausrichtung ?

Einen deutlicheren Hinweis liefert Bild 17. Dort ist eine rote Ebene eingezeichnet, auf der 3 Kugeln liegen. Die Ebene definiert eine Kugelschicht, und die 3 Kugeln liegen in derselben Kugelschicht. Alle Tetraeder sollten eine Fläche haben, die in dieser Ebene liegt. Die nächste Aufgabe ist also, die anderen 6 Tetraeder darauf zu prüfen, ob sie diese Bedingung erfüllen.

4 Tetraeder mit gleicher Ausrichtung

Bild 52 : 4 Tetraeder mit gleicher Ausrichtung.

Wenn Sie Bild 52 ansehen, erkennen Sie, dass wieder alles passt.

In der Elementarzelle (im Würfel) sind 4 Tetraeder eingezeichnet. Alle 4 haben eine Ecke in einer der Würfelecken. Es sind also Tetraeder, die jeweils eine Tetraederlücke definieren. Ich habe diesmal mein Augenmerk von den Raumdiagonalen weg gerichtet, und auf die Lage im Raum hin. Und schon ist klar, alle 4 haben eine Fläche, die in einer der roten Ebenen aus Bild 17 liegt, und die damit in einer Kugelschicht liegt. Alle 4 haben die gleiche Ausrichtung.

Genauso schnell ist klar, dass alle 4 Tetraeder die gleiche Orientierung haben. Sie stehen (wenn man die Szene aus der richtigen Richtung betrachtet) aufrecht auf einer Kugelschicht. Sieht man genau hin, bemerkt man, dass die beteiligten Würfelecken keine Nachbarn sind, sondern dass immer eine weitere Ecke zwischen 2 Ecken mit Tetraeder liegt. Ahnen Sie schon, dass an diesen Ecken die kopfstehenden Tetraeder beginnen ?

Die Ausrichtung aller Tetraederlücken in der Elementarzelle der kubisch–dichtesten Kugelpackung ist gleich. Alle stehen senkrecht zu einer beliebigen Raumdiagonale.

Wundert Sie das ? Es sollte nicht. Am Ende von Kapitel 7.3.2.2. hatte ich ganz überrascht getan und gesagt, dass die Raumdiagonalen den Komplementärwinkel zum Tetraederwinkel (70,53 Grad) einschließen. Und deshalb (ja, wirklich deshalb) kann man alle Tetraeder an jeder der 4 Raumdiagonalen ausrichten. So ganz nebenbei haben wir Symmetrieelemente des Würfels kennen gelernt. Er besitzt 4 dreizählige Drehachsen.

7.3.2.9. Oktaederlücken – Beschreibung mit Mathematik

Wie groß sind die Oktaederlücken ?

Wieder steht die Frage im Mittelpunkt, wie groß eine Kugel höchstens sein darf, um in eine Oktaederlücke zu passen. Grund dieses Interesses ist, dass sich von der kubisch–dichtesten Kugelpackung eine Menge anderer Kristallstrukturen ableiten, bei denen Oktaederlücken mit anderen Atomen gefüllt sind.

 

Oktaeder, durch eine Ebene halbiert

Bild 53 : Ein Oktaeder, durch eine Ebene halbiert.

Zur Untersuchung der Größe der Oktaederlücken halbieren wir einen Oktaeder. Es gibt nur eine Möglichkeit, einen Oktaeder symmetrisch zu halbieren. Wir legen dazu eine Ebene durch 4 Eckpunkte. Bild 53 zeigt die Situation.

Die Schnittebene halbiert 4 Kugeln. Es sind die Ecken des Oktaeders, und ihre Mittelpunkte bilden ein Quadrat. Zusätzlich ist in Bild 53 die Kugel, die die Oktaederlücke ausfüllt, grün eingezeichnet.

Sehen Sie den durch eine Ebene halbierten Oktaeder in einer kleinen JSmol–Visualisierung an.

 

Schnittebene durch einen Oktaeder

Bild 54 : Schnittebene durch einen Oktaeder. Die Ebene geht durch 4 Ecken und den Schwerpunkt. Sie halbiert den Oktaeder.

Im nächsten Schritt sehen wir uns die Schnittebene an. Sie können sie in Bild 54 sehen. Die 4 blauen Kreise sind Schnitte durch die Kugeln der Kugelpackung. Der grüne Kreis ist ein Schnitt durch eine Kugel, die die Oktaederlücke gerade ausfüllt. Wir führen einige Bezeichnungen ein und können schnell Aussagen über Stücke der Zeichnung machen.

  • rK : Radius der blauen Kugeln
  • rL : Radius der grünen Kugel
  • AB : Die Strecke AB hat die Länge 2rK. Sie ist eine Kante des Oktaeders. Nenne die Länge dieser Strecke dAB. Es ist also dAB = 2rK.
  • BC, CD und AD : Da der Schnitt durch den Oktaeder ein Quadrat ist, haben diese Seite dieselbe Länge 2rK.
  • AM, BM, CM und DM : Alle diese Strecken vom Mittelpunkt M des Quadrats (und damit auch vom Mittelpunkt M des Oktaeders) zu seinen Ecken haben dieselbe Länge. Nenne sie dAM. Es ist dAM = rK + rL.

 

Die Berechnung von rL ist nun einfach. Betrachte dazu das Dreieck ABM. Nach dem Satz von Pythagoras gilt dAM2 + dAM2 = dAB2.
Es folgt (rK + rL)2 + (rK + rL)2 = (2rK)2.
Daraus folgt 2 rK2 + 4 rkrL + 2 rL2 = 4 rK2.
Weiter folgt 2 rL2 + 4 rkrL – 2 rK2 = 0
und rL2 + 2 rkrL – rK2 = 0.
Nach der Lösungsformel für quadratische Gleichungen folgt
rL = – rk ± sqrt(2 rK2).
Eine der beiden Lösungen ist negativ. Sie wird verworfen. Die andere lautet
rL = – rk + sqrt(2) ∗ rK = rK ∗ (sqrt(2)–1) = 0,4142 ∗ rK.

Damit ist die Frage nach der Größe der Oktaederlücke beantwortet. Besteht die kubisch–dichteste Kugelpackung aus Kugeln mit dem Radius r, so haben die oktaedrischen Lücken einen Radius von rL = 0,4142 ∗ r. Sie sind also wesentlich größer als die tetraedrischen Lücken.

Positionen und Ausrichtung der Oktaederlücken

Hier werde ich ähnlich vorgehen wie bei den Tetraederlücken.

Position. – Die erste Frage ist die nach der Zahl der Oktaederlücken pro Elementarzelle. In der Elementarzelle sind 4 Atome. In Kapitel 7.3.2.5. haben Sie erfahren, dass es pro Atom eine Oktaederlücke gibt. In der Elementarzelle sind also 4 Oktaederlücken.

Elementarzelle mit Oktaeder

Bild 55 : Elementarzelle mit Oktaeder. Sein Mittelpunkt ist in der Würfelmitte. Der Abstand zu den Nachbaratomen ist eine halbe Kantenlänge (des Würfels). Die Kantenlänge des Oktaeders ist eine halbe Flächendiagonale des Würfels.

Die zweite Frage ist die nach ihrer Position.

Die erste Oktaederlücke. – Oktaederlücken sind groß. Im vorigen Abschnitt haben Sie erfahren, dass sie fast doppelt so groß sind wie Tetraederlücken, d.h. es passen fast doppelt so große Atome hinein. Wo ist soviel Platz in der Elementarzelle ? Betrachten Sie noch einmal Bild 43. Alle Atome liegen auf den Außenflächen des Würfels. In seinem Innern ist noch kein einziges Atom. Platz ist dort jedenfalls genug, und ich lege die erste Oktaederlücke probeweise in die Mitte des Würfels, an die Position ( 0,5 / 0,5 / 0,5 ). In Bild 43 können Sie die nächsten Nachbarn des Mittelpunkts erkennen. Es sind die Mittelpunkte der Seitenflächen. Ihr Abstand vom Mittelpunkt ist die halbe Länge der Würfelkante, und es sind 6 Stück. 6 Nachbarn, ganz symmetrisch um den Mittelpunkt angeordnet, bilden ein Oktaeder. Tatsächlich haben wir die erste Oktaederlücke gefunden. Bild 55 zeigt sie.

Übrigens haben Sie schon weiter vorn einen Hinweis auf die Lage der ersten Oktaederlücke bekommen. In Bild 50 haben 4 Tetraederlücken einen pyramidenförmigen Hohlraum gebildet, und ich habe gefragt, ob man wohl etwas Passendes findet, sie zu füllen. Diese Frage war kein Zufall. Diese Pyramide ist ein halber Oktaeder, und es ist eine Oktaederlücke, die hineinpasst.

Die übrigen Oktaederlücken. – Eine Oktaederlücke haben wir gefunden, aber wo sind die anderen 3 ? Im Innern der Elementarzelle ist nirgends Platz für so einen riesigen Oktaeder.

Elementarzelle und zusätzlicher Würfel

Bild 56 : Elementarzelle (schwarz), dazu ein Bereich (hellgrau), in dem eine zweite Oktaederlücke liegt.

In einer solchen Situation ist es oft hilfreich, das Blickfeld zu erweitern.

In Bild 56 habe ich neben und über die Elementarzelle ein paar weitere Kugeln gezeichnet und einen zweiten Würfel hellgrau markiert. Der hellgrau markierte Würfel hat mit der Elementarzelle viele Gemeinsamkeiten. An den Ecken und auf den Flächenmitten sind Kugeln, sonst nirgends. Er ist im Grunde eine Elementarzelle, die gegenüber der ursprünglichen (schwarz markierten) um eine halbe Flächendiagonale verschoben ist. Und in seinem Mittelpunkt ist Platz für eine Oktaederlücke. Ihre Koordinaten sind ( 1 / 1 / 0,5 ). Sie liegt also in der Mitte einer Kante der Elementarzelle.

Diese zweite Oktaederlücke gehört aber nicht vollständig zur Elementarzelle. In Bild 57 sehen Sie, dass sie noch an 3 weiteren Elementarzellen, insgesamt also an 4 Elementarzellen, beteiligt ist. Zur gerade betrachteten gehört ein Viertel. Wir brauchen noch 11/4 Oktaeder, um die fehlenden 3 Oktaederlücken aufzusammeln.

Zum Glück hat ein Würfel 12 Kanten. Mit jeder können wir dasselbe Spiel treiben, und wir erhalten 12/4 = 3 Oktaederlücken.

Die Oktaederlücken der kubisch–dichtesten Kugelpackung liegen im Mittelpunkt des Würfels und auf seinen Kantenmitten.

Die Positionen der Oktaederlücken sind ( 0,5 / 0,5 / 0,5 ), ( 0,5 / 0 / 0 ), ( 0 / 0,5 / 0 ) und ( 0 / 0 / 0,5 ).

2 Oktaederluecken 2 Oktaederluecken

Bild 57 : 2 benachbarte Oktaederlücken. Sie haben eine gemeinsame Kante.

Ausrichtung. – Zu diesem Punkt kann ich mich kurz fassen. Bereits in Bild 37 haben Sie gesehen, dass alle Oktaederlücken die gleiche Ausrichtung haben. In Bild 57 sehen Sie sie. Alle Oktaederlücken stehen aufrecht auf dem Boden oder an einer Seitenfläche der Elementarzelle. Je 2 von ihnen haben eine gemeinsame Kante.

Eine seltsame Eigenschaft. – Die Positionen der Oktaederlücken in der kubisch–dichtesten Kugelpackung sind
( 0,5 / 0,5 / 0,5 ), ( 0,5 / 0 / 0 ), ( 0 / 0,5 / 0 ) und ( 0 / 0 / 0,5 ).

Nun verschiebe ich diese Atome um eine halbe Kantenlänge des Elementarzellenwürfels in x–Richtung. Das heißt, alle x–Koordinaten werden um 0.5 größer. Es ergeben sich die neuen Koordinaten
( 1 / 0,5 / 0,5 ), ( 1 / 0 / 0 ), ( 0,5 / 0,5 / 0 ) und ( 0,5 / 0 / 0,5 ).

Dadurch sind 2 Punkte in die benachbarte Elementarzelle gerutscht. Ich hole sie zurück, indem ich deren x–Koordinate um 1 verringere. So erhält man
( 0 / 0,5 / 0,5 ), ( 0 / 0 / 0 ), ( 0,5 / 0,5 / 0 ) und ( 0,5 / 0 / 0,5 ).

Aber das sind genau die Positionen der Atome (vgl. dazu Tabelle 1).

Verschiebt man also die Oktaederlücken ein Stück, landet man auf den Positionen der Atome.

Andererseits gilt : Verschiebt man einen Gegenstand (egal, ob die reale Kaffeetasse auf dem Tisch oder die gedachte Elementarzelle), erhält man denselben Gegenstand wieder, nur an einem anderen Ort.

Insgesamt heißt das, dass die Oktaederlücken–Positionen und die Atompositionen in der kubisch–dichtesten Kugelpackung im Grunde (das heißt kristallographisch gesehen) dasselbe sind.

Man kann es auch ganz deutlich sagen.

Die Oktaederlücken der kubisch–dichtesten Kugelpackung bilden selbst eine kubisch–dichteste Packung.

Dieser Satz wird uns noch an vielen Stellen nützlich sein, zum Beispiel in Kapitel 7.4.2.

Ein Rätsel

Wieviel Platz nehmen die Lücken ein ?

Die Tetraeder der Tetraederlücken haben als Kantenlänge eine halbe Flächendiagonale. Diese beträgt 0,5 ∗ sqrt(2). Das Volumen eines Tetraeders ist gemäß Formelsammlung V = sqrt(2)/12 ∗ a3, wobei a die Kantenlänge ist. Man erhält V = 1/24 für das Volumen eines solchen Tetraeders und V = 8/24 = 1/3 für das Volumen der 8 Tetraeder.

Die quadratische Pyramide, die einen halben Oktaeder bildet, hat als Kantenlänge ebenfalls eine halbe Flächendiagonale, also wieder 0,5 ∗ sqrt(2). Ihre Höhe ist 0,5. Gemäß Formelsammlung beträgt das Volumen des halben Oktaeders V = 1/3 ∗ a2 ∗ h. Man erhält V = 1/12. Die Elementarzelle enthält 4 Oktaederlücken, also 8 halbe. Deren Volumen ist V = 8/12 = 2/3.

Das Gesamtvolumen aller Lücken ist dann V = 1/3 + 2/3 = 1.
Die Lücken nehmen die gesamte Elementarzelle ein.

Und wo sind die Atome ?

Die Auflösung finden Sie hier.

Zusammenfassung

Hier fasse ich die wichtigen kristallographischen Informationen zur Elementarzelle der kubisch–dichtesten Kugelpackung zusammen.

Tabelle 2 : Beschreibung der Elementarzelle der kubisch–dichtesten Kugelpackung.

 

 

7.3.2.10. Atomumgebungen und Nachbarn – Beschreibung mit Mathematik

 

Demnächst bearbeite ich diesen Abschnitt weiter.

Es kann aber noch etwas dauern.

 

7.3.2.11. Alle JSmol–Visualisierungen dieser Seite im Überblick

Infobereich

Alle Bilder dieser Seite : Lizenz CC–BY–SA–4.0. Bildnachweis und Lizenzinfo.
Text : Lizenz CC–BY–SA–4.0. Lizenzinfo.

 

 

Impressum        Datenschutzerklärung