6.1.1. Das VSEPR–Modell von Gillespie

Worum geht es ?

Das VSEPR–Modell von Gillespie ist ein Modell, mit dem man die räumliche Anordnung von Atomen in einem Molekül erklären (bei bekannten Molekülen) oder vorhersagen (bei noch nicht untersuchten Molekülen) kann.

Was braucht man, um das Modell anwenden zu können ?

Es ist nur eine Hand voll einfacher, leicht zugänglicher Informationen nötig. Sie müssen wissen,

Damit ist auch eine Grenze des VSEPR–Modells aufgezeigt. Man kann es nur auf Verbindungen mit kovalenten und polaren Bindungen anwenden. Die Verhältnisse in Ionenkristallen oder Metallen kann man damit nicht beschreiben. Mehr über weitere Grenzen des Modells erfahren Sie am Ende dieser Seite.

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Zentralatome, Liganden und Elektronenpaare

Bild 1 : Zentralatome und Liganden

Das Zentralatom ist dasjenige, von dem man wissen will, wie sich andere Atome räumlich darum herum anordnen, dessen Geometrie man also herausfinden will.

Die Liganden sind die Atome, die sich um das Zentralatom herum gruppieren.

An den beiden Formeln in Bild 1 sehen Sie, was Zentralatome, Liganden, Bindungselektronenpaare und einsame Elektronenpaare sind.

 

Die Kernaussage des Gillespie–Modells

Die Elektronenpaare in der Valenzschale eines Atoms stoßen sich gegenseitig ab und ordnen sich deshalb in möglichst großer Entfernung voneinander an.

Wie kann man mit dem Gillespie–Modell die Geometrie eines Moleküls bestimmen ?

Fußnote 1 : Ein Polyeder (griechisch Vielflächner) ist ein Körper, der von ebenen Flächen begrenzt ist. Bei regulären Polyedern sind diese Flächen gleich (kongruent), und die Winkel zwischen benachbarten Flächen sind gleich. Beispiele für reguläre Polyeder sind Tetraeder, Würfel und Oktaeder. Nichtreguläre Polyeder sind zum Beispiel die trigonale Bipyramide, die quadratische Pyramide oder auch eine sechseckige Säule.

1. Schritt : Die Elektronenpaare bilden einen Polyeder  – Wo landen die Elektronenpaare eines Atoms, wenn sie sich möglichst weit voneinander entfernen ? Sie kommen an den Ecken eines Polyeders (→ Fußnote 1) an.

Und was für Polyeder sind das ? Das kommt darauf an, wieviele Elektronenpaare vorhanden sind.

Fußnote 1 : Ein Polyeder (griechisch Vielflächner) ist ein Körper, der von ebenen Flächen begrenzt ist. Bei regulären Polyedern sind diese Flächen gleich (kongruent), und die Winkel zwischen benachbarten Flächen sind gleich. Beispiele für reguläre Polyeder sind Tetraeder, Würfel und Oktaeder. Nichtreguläre Polyeder sind zum Beispiel die trigonale Bipyramide, die quadratische Pyramide oder auch eine sechseckige Säule.

Bild 2 zeigt die wichtigsten Polyeder.

Tetraeder trigonale Bipyramide Oktaeder

Bild 2 : Drei bekannte Polyeder

 

2. Schritt : Elektronenpaare in Bindungen und einsame Elektronenpaare unterscheiden sich.  – Gehören alle Elektronenpaare zu Bindungen (ein Beispiel ist Methan, Bild 3, links), so befinden sich alle Liganden an den Ecken eines Polyeders um das Zentralatom. Das Methanmolekül ist also tetraedrisch gebaut.

Sind einsame Elektronenpaare vorhanden, befinden sich an den betreffenden Ecken der Polyeder keine Liganden. Die Moleküle von Wasser und Ammoniak (Bild 3, rechts) sind Beispiele dafür.

Methanmolekül Ammoniakmolekül

Bild 3 : Das Methanmolekül (links) hat 4 Bindungen. Das Ammoniakmolekül (rechts) hat 3 Bindungen und ein einsames Elektronenpaar.

 

3. Schritt : Manche Elektronenpaare brauchen mehr Platz als andere.  – Einsame Elektronenpaare brauchen mehr Platz als Bindungen. Dadurch drücken sie die Bindungen etwas zur Seite, und die Polyeder werden verzerrt.

Die Elektronen von Doppel- und Dreifachbindungen befinden sich an der gleichen Stelle des Polyeders, werden also nur einfach gezählt. Sie brauchen aber mehr Platz als Einfachbindungen. Dadurch drücken sie die anderen Bindungen etwas zur Seite, und die Polyeder werden verzerrt.

Ein paar Beispiele

 

Strukturformel von Methan Methanmolekül

Bild 4 : Methan – Formel und Molekül.

Methan

Aus der Valenzstrichformel (links in Bild 4) sieht man, dass das Kohlenstoffatom 4 Elektronenpaare hat. Sie gehören alle zu Bindungen, es gibt keine einsamen Elektronenpaare.

Die Elektronenpaare befinden sich an den Ecken eines Tetraeders. Also befinden sich auch die Liganden an den Ecken eines Tetraeders. Bild 4 zeigt rechts ein Methanmolekül. Die Liganden (Wasserstoffatome) sind an den Ecken eines Tetraeders.

 

Strukturformel von Ammoniak Ammoniakmolekül

Bild 5 : Ammoniak – Formel und Molekül.

Ammoniak

Wieder sieht man an der Valenzstrichformel (Bild 5, links), dass das zentrale Stickstoffatom 4 Elektronenpaare hat. Sie befinden sich wieder an den Ecken eines Tetraeders. Nur 3 Elektronenpaare gehören zu Bindungen. Die 3 Wasserstoffatome besetzen also die 3 Positionen an der Grundfläche des Tetraeders (Bild 5, rechts).

Das vierte Elektronenpaar ist ein einsames. Es drückt die 3 Bindungen etwas zusammen. Das Stickstoffatom sitzt an der Spitze einer sehr flachen Pyramide, die Wasserstoffatome an der Basis.

 

Strukturformel von Wasser Wassermolekül

Bild 6 : Wasser – Formel und Molekül.

Wasser

Die Valenzstrichformel (Bild 6, links) zeigt 4 Elektronenpaare am zentralen Sauerstoffatom. Sie sind an den Ecken eines Tetraeders. 2 davon gehören zu Bindungen. Die beiden Bindungen zeigen also in 2 Ecken eines Tetraeders (Bild 6, rechts).

Die beiden anderen (einsamen) Elektronenpaare drücken die Bindungen zusammen, so dass der Winkel zwischen ihnen kleiner ist als im Ammoniak oder Methan.

Grenzen des VSEPR–Modells

Natürlich hat auch das VSEPR–Modell seine Grenzen. Einige nenne ich hier.

Nur kovalente Bindungen. – Die wichtigste Einschränkung bezieht sich auf die Art der Bindung.

Die Geometrie von Molekülen, in denen kovalente Bindungen (Atombindungen, siehe Kapitel 5.3.) vorhanden sind, beschreibt es (abgesehen von den noch folgenden Einschränkungen) gut. Moleküle, in denen schwach polare bis mittelmäßig polare Bindungen vorhanden sind (mehr zur polaren Bindung in Kapitel 5.5. und in Kapitel xx – demnächst), beschreibt es genauso gut. Die Beispiele aus dem vorigen Abschnitt, Methan, Ammoniak und Wasser gehören dazu.

Die Geometrie von Stoffen, deren kleinste Teilchen durch Ionenbindungen (siehe Kapitel 5.2.) zusammengehalten werden, kann es nicht beschreiben. Um genau zu sein : Die Geometrie von Stoffen, bei denen man den Zusammenhalt der kleinsten Teilchen korrekt mit dem Modell der Ionenbindung beschreiben kann, kann das VSEPR–Modell nicht beschreiben. Der Grund ist, dass die Geometrie hier nicht durch Abstoßung von Valenzelektronen bestimmt wird, sondern durch die Abstoßung anderer Ionen. Mehr zur Frage, wann man Stoffe mit dem Modell der Ionenbindung beschreiben sollte, erfahren Sie in Kapitel 3.7.4.

Hauptgruppenelemente am besten. – Ein Teil der Forschenden und Lehrenden ist der Meinung, man kann die Geometrie von Moleküle, in denen das Zentralatom ein Nebengruppenelement ist, genauso gut beschreiben wie bei Hauptgruppen–Zentralatomen.

Ich denke, dass die Verhältnisse dort zu komplex sind und dass es zu viele Ausnahmen gibt, um geradlinig argumentieren zu können.

Entscheiden Sie selbst (zum Beispiel anhand von Lit. L–51), welcher Ansicht Sie zustimmen wollen.

Seltene Fälle. – Es gibt eine Reihe weiterer Konstellationen, in denen das VSEPR–Modell an seine Grenzen stößt, jedoch sind diese von geringerer Bedeutung. Das heißt, es gibt vergleichsweise wenige Moleküle, in denen sie auftreten. Dazu gehören die folgenden.

Wieviele Molekülgeometrien gibt es ?

Etwas mehr als 20. Darunter sind sehr häufig vorkommende, weniger häufige und ziemlich exotische. Eine Liste gängiger Molekülgeometrien finden Sie in der

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